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Klum

© Adolph-Press

Berlinale: Festival nach Noten

Die Doku "Shine a Light" eröffnet die Berlinale - und alle reden nur noch über die Rolling Stones. Dabei sind sie nicht die ersten, die Musik und Film verbinden.

Der erste Stein kam vor genau 20 Jahren ins Rollen. Mit „Hail! Hail! Rock’n’Roll!“, einem Dokumentarfilm über Chuck Berry, ließ die Berlinale es bereits 1988 rocken, und nicht nur auf der Leinwand, sondern live. Schon am Eröffnungstag, bei der Ankunft auf dem Flughafen Tempelhof, wurde die Rocklegende von Autogrammjägern umlagert, stehende Ovationen auch drei Tage später im Zoo-Palast, wo der damals 61-jährige Chuck Berry aus der Hand von Kultursenator Volker Hassemer die Berlinale-Kamera erhielt. Dann zog er, die Gitarre im Gepäck, weiter ins damalige Metropol am Schöneberger Nollendorfplatz, zum einzigen Deutschland-Konzert des Jahres, das die Premiere des Musikfilms bekrönte.

Die Karten waren im Nu weg, vor dem Metropol kosteten sie das Dreifache – ein Preis, der selbst dann nicht sank, als bekannt wurde, dass zwei als Dreingabe angekündigte Musiker doch nicht gekommen seien: Eric Clapton und Keith Richards. So bedeutet der heutige Auftritt von Keith auf dem roten Berlinale-Teppich, gemeinsam mit Mick, Ron und Charlie, genau genommen nur das späte Einlösen eines vor zwei Jahrzehnten gegebenen Versprechens. Möglich, dass es sich damals nur um ein Gerücht gehandelt hatte, aber wer fragt danach schon noch, wenn nun die Stones leibhaftig erscheinen – und vielleicht sogar Chuck Berry, statt der Gitarre die am Vorabend verliehene Goldene Kamera untern Arm geklemmt.

„Let’s Rock!“ – so lautet das, man kann schon sagen, offizielle Motto der heute Abend beginnenden Filmfestspiele. Die Stones, Neil Young, Madonna, schließlich Patti Smith, die wie seinerzeit der alte Chuck zum Konzert bittet – so viel Rock war nie auf dem Festival. Aber neu ist solch ein musikalischer Nebenzweig eben auch nicht, keiner wüsste das besser als Dieter Kosslick. Für eine Nacht der Berlinale 2002, seiner ersten, durfte er Aushilfsgitarrist bei Wolfgang Niedecken sein, Seite an Seite mit dem Percussionisten Wim Wenders. Anlass des Konzerts im leer geräumten Kantkino war die Premiere von „Viel passiert“, Wenders’ Huldigung an BAP und den Kölsch-Rock. Im Publikum wippte auch Nina Hagen mit, die es ein Jahr später selber auf der Berlinale rocken ließ, bei der „Cinema for Peace“-Gala im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt. Die fand 2004 wieder dort statt, diesmal hießen die Rockstars der Friedensgala Klaus Meine und Rudolf Schenker, der Sänger und der Gitarrist der Scorpions. Auch Marianne Rosenberg und Luci van Org haben schon mit ihrer Sangeskunst Berlinale-Feten verschönt.

Schauspieler, aber nicht nur sie, nutzten die Berlinale auch gerne als Bühne, um unbekanntere Begabungen zu zeigen und zu beweisen, dass sie selbst am Mikrophon eine gute Figur machen. Nicht jedem gelingt das so charmant wie Julie Delpy, die schon 2004 auf einer Berlinale-Party zur Gitarre griff und 2007 im Maritim-Hotel bei der Premierenfeier zu „2 Tage Paris“, ihrem Debütfilm als Regisseurin, den Klassiker „Summertime“ ins Mikrophon hauchte, am Piano begleitet von Jeff Goldblum. Hübsch anzusehen war auch Heidi Klum, bei ihrer Gesangseinlage zur Premiere von „Chicago“, dem Eröffnungsfilm 2003. Begleitet wurde das Model von Andrej Hermlin, dem Berliner Swing-Musiker mit einer mittlerweile nicht ganz ungefährlichen Liebe zu Kenia.

Bruce Willis hatte schon die Premiere von „12 Monkeys“ auf den Filmfestspielen 1996 genutzt, um sich als Rocksänger zu empfehlen. Mit seiner Begleitband The Accelerators gab er in der Moabiter Universal Hall ein Konzert, mit seiner damaligen Ehefrau Demi Moore als Go-go-Girl. Mit einer Mischung aus etwas Blues, ein wenig Soul und viel donnerndem Knüppelrock vermochte er aber trotz gelegentlichem Griff zur Mundharmonika nicht recht zu überzeugen.

Ohne musikalisches Begleitprogramm blieb dagegen die Aufführung von Wim Wenders’ „The Million Dollar Hotel“, dem Eröffnungsfilm im Jahr 2000. Und dies, obwohl Bono dem Regisseur die Idee zur Story geliefert hatte und auch zur Premiere gekommen war – der erste Rockstar, der je den roten Teppich vor dem Berlinale-Palast betreten hat.

Auch auf ein Konzert von George Michael hofften dessen Fans vergeblich, als er 2005 den ihm gewidmeten Dokumentarfilm „George Michael – A Different Story“ vorstellte. Ein Auftritt war schon deswegen nicht möglich, weil der Sänger auf einer Pressekonferenz verkündete, er wolle keine Musik mehr machen: „Mein Genre ist tot.“ Daran hat er sich dann doch nicht gehalten.

Bruce Willis gab auf der 1996er Berlinale sein Bestes.

Chuck Berry erhielt 1988 die Berlinale-Kamera und gab ein umjubeltes Konzert.

Julie Delpy machte 2007 auch am Mikrofon eine gute Figur.

Bono (mit Milla Jovovich) war 2000 der erste Rockstar der Berlinale am Potsdamer Platz.

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