zum Hauptinhalt
Saisonillustration des Deutschen Symphonie Orchesters Berlin für die Saison 2025 2026 von Sarah Böttcher.

© DSO/Sarah Böttcher

Berliner „Classic Card“ für junge Leute: Happige Preiserhöhung

Jedes Orchester, jedes Opernhaus wünscht sich viele Besucherinnen und Besucher unterhalb des Rentenalters. Dennoch wird jetzt die „Classic Card“ für Menschen unter 30 massiv teurer.

Eine Kolumne von Frederik Hanssen

Stand:

Ab der kommenden Saison spüren Klassikfans die Kulturpolitik des Berliner Senats direkt in ihrem Portemonnaie. Denn die zu massiven Einsparungen verdonnerten Institutionen sind gezwungen, die Preise zu erhöhen. Allerdings tun sie es so sozialverträglich wie möglich. Das Konzerthaus am Gendarmenmarkt beispielsweise setzt die teuersten Kategorien deutlich nach oben, die Einstiegsangebote dagegen kaum.

Ganz anders sieht es leider bei der „Classic Card“ aus, dem Einsteiger-Angebot für Menschen unter 30 Jahren. Wer sich über die App ein Opernticket kauft, zahlt ab sofort 20 Prozent mehr, wer ins Sinfoniekonzert will, 23 Prozent mehr. Bei den Last-Minute-Eintrittskarten (buchbar ab zwei Stunden vor Vorstellungsbeginn) belaufen sich die Steigerungen sogar auf 30 respektive 37,5 Prozent.

Steigerungen bis 37,5 Prozent

Und auch die Mitgliedschaft wird happig teurer: Bisher galt ein Jahresbeitrag in der Höhe des eigenen Alters, ab dem 1. August müssen nun pauschal 28 Euro berappt werden. Wer gleich mit 14 Jahren einsteigt und maximal lange dabeibleibt, zahlt über die Jahre also 105 Euro mehr als bisher.

Das Signal ist fatal. Denn es geht bei der „Classic Card“ ja darum, das Stammpublikum von morgen aufzubauen. Wer dank des finanziell niedrigschwelligen Zugangs früh die Opern- und Konzerthäuser für sich entdeckt, wird ihnen mit ziemlicher Sicherheit auch dann treu bleiben, wenn er ins Vollzahler-Alter kommt.

Was den Institutionen zunächst an Einnahmen entgeht, wenn sie Teens und Twens Ermäßigungen anbieten, rentiert sich auf lange Sicht also doppelt und dreifach. Und überhaupt: Effektiver als über die „Classic Card“-App ist die Zielgruppe der nachwachsenden Neukunden kaum zu erreichen, nicht einmal mit aufwendigster Social-Media-Präsenz.

Aus der Sicht wohlsituierter Bildungsbürger mögen 18 Euro für Opernvorstellungen und 15 Euro für Sinfoniekonzerte – das sind die neuen „Classic Card“-Preise – immer noch günstig erscheinen. Doch für Schüler, Azubis und Studierende, die jeden Cent umdrehen müssen, sind drei Euro mehr pro Ticket durchaus ein Argument, sich aktuell den Besuch von Verdis „Traviata“ Unter den Linden oder den Gastauftritt der Dirigentin Marie Jacquot beim Deutschen Symphonie-Orchester zu verkneifen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })