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Morgenstimmung am Roten Rathaus in Berlin-Mitte.

© imago/Dirk Sattler / IMAGO/Dirk Sattler

Berliner Stadtentwicklung: Bitte aufwachen, es gibt viel zu tun

Nikolaus Bernau hat einen Arbeitsauftrag für Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt. Mal in die Vergangenheit schauen und dann Schaulauf in Venedig.

Ein Kommentar von Nikolaus Bernau

Wir müssen noch einmal nach Venedig schauen. Uns erreichten nach dem letzten Text, in dem wir die Chancen Berlins auf Selbstdarstellung bei diesem weltweit wichtigsten Architektenschaulaufen skizzierten, Beschwerden.

Tenor: Ist ja schön und gut, wenn einige Büros sich selbst darstellen und das Geld dafür ausgeben wollen. Aber Berlin als Ganzes, das bleibt doch bemerkenswert unsichtbar in der internationalen Debatte. Vor allem im Vergleich zu den 1990ern und 2010ern. Auch wenn diese Ära des sprach- und entscheidungsgewaltigen Senatsbaudirektors Hans Stimmann inzwischen reichlich idealisiert wahr genommen wird: Die Beschwerde stimmt. Leider.

Hier also ein Auftrag an Stimmanns Nach-Nach-Folgerin, Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt, die bisher noch nicht so recht „ihr“ Thema gefunden zu haben scheint. Das mag auch an der kurzen Amtszeit des vergangenen Senats gelegen haben, an der von der Bauverwaltung alles andere als glücklich gehandhabten Neubebauung des Molkenmarkt; oder an Kahlfeldts demonstrativem Einsatz für einen Nachbau der Bauakademie-Fassaden, der weithin als „konservativ“ betrachtet wird.

Vielleicht lohnt sich für Petra Kahlfeldt auch politisch der Blick zurück, und zwar in die Zeiten ihres West-Berliner Vorgängers Hans Christian Müller, der um 1980 die weltbekannt gewordene Internationale Bauausstellung mitinitiierte. Eigentlich ging es Müller vor allem um die Befriedung einer zunehmend kritischen Stadtgesellschaft und der „Häuserkämpfer“. Eine seiner Antworten war die „behutsame“, also sozial verträgliche Stadtentwicklung, sie ist angesichts des immensen Sanierungsbedarfs wieder hochaktuell; eine andere, genauso aktuell, der „ökologische Stadtumbau“.

Beide wurden weltweit als Modelle für die Zukunft debattiert, beide in den neoliberalen Jahrzehnten nach dem Mauerfall unter Hans Stimmann regelrecht vergessen gemacht, als vor allem über Fassaden debattiert wurde. Doch nun ist es Zeit, das damals bereits gewonnene Wissen über Trockentoiletten in der Innenstadt und Abwasserreinigung durch Hofteiche, effiziente Grundrisse und Baumaterialien, die Bedeutung von Grün, Licht, Luft und Sonne, von sozialem Zusammenhalt neu zu entdecken.

Was spricht dagegen, die IBA 87 und ihre Folgen, auch ihr teilweises Scheitern, bei der Venedig-Architekturbiennale 2025 zum Thema werden zu lassen? Das Investment dürfte sich für die Stadt lohnen, und sei es nur, um die etwas lahm zwischen „Du bist konservativ“ und „Du bist ja ein ganz Grüner“ dümpelnden Architekturdebatten zu befeuern.

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