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Blick auf die Akademie der Künste am Hanseatenweg im Berliner Hansaviertel.

© IMAGO / Jürgen Ritter

Besucherservice: Das stinkt zum Himmel

In den Berliner Kulturinstitutionen fühlt man sich als Besucher oft nicht wirklich willkommen. Ein Negativbeispiel aus der Akademie der Künste.

Eine Kolumne von Frederik Hanssen

Stand:

Es wirkt fast, als hätten sie sich abgesprochen: Seit vergangenem Freitag läuft in der Akademie der Künste eine Nan Goldin-Ausstellung - und die Komische Oper bringt am 28. Januar Barrie Koskys Neuinszenierung des Musicals „La Cage aux Folles“ heraus.

Die Show wie auch die Fotografin feiern Menschen, die frei von Geschlechterkonformität leben. In „La Cage aux Folles“ steht der schwule Albin, der sich abends in die Kabarett-Diva Zaza verwandelt, im Mittelpunkt, Nan Goldin kämpft seit 50 Jahren mit ihren Werken für die Akzeptanz queerer Menschen. Ihre Fotos von Drag-Queens und Trans-Menschen aus dem Boston der 1970er Jahre wirken wie Szenen aus dem Kult-Musical.

Geputzt wohl wird nicht am publikumsstarken Sonntag

Schade nur, dass das Drumherum der großartigen Ausstellung in der Akademie der Künste so deprimierend ist: Vor dem Haus am Hanseatenweg stehen am Sonntagvormittag Bierflaschen und halb ausgetrunkene Weingläser herum, drinnen stolpert man über einen randvollen Mülleimer, im Foyer liegen benutzte Masken und Servietten. Offensichtlich ist die Akademie der Künste nicht bereit, am publikumsreichsten Tag der Woche morgens einen Reinigungsservice zu leisten. Dabei öffnet die Ausstellung erst um 11 Uhr.

Oben vor dem Eingang zur Nan Goldi-Schau reicht es nach Schweiß und Alkohol, so als habe seit der Vernissage Donnerstagnacht keiner mehr gelüftet. Und in der Herrentoilette im Untergeschoss schlägt einem eine noch fiesere Duftwolke entgegen. Die Endlos-Handtücher sind aus dem Gerät gerissen und ringeln sich meterlang auf dem Boden.   

Sollte Klaus Lederer auch nach dem 12. Februar noch Kultursenator sein, dürfte er sich gerne mal dem Thema Besucherfreundlichkeit in der Berliner Kulturlandschaft zuwenden. Schließlich sind ihm Zugänglichkeit und Barrierefreiheit für alle Mitglieder der Stadtgesellschaft eine echte Herzensangelegenheit. Dazu gehört eben auch, dass man sich als Gast einer kulturellen Institution wirklich willkommen fühlt.

Oder handelt es sich im Fall von Nan Goldin vielleicht um ein besonders raffiniertes Ausstellungskonzept? Das mit Hilfe olfaktorischer und inszenatorischer Mittel die Atmosphäre jener Bostoner Underground-Szene heraufbeschwören möchte, in der die Fotografin am Anfang ihrer Karriere wildbewegte Nächte verbracht hat?

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