Ehrenbürgerwürde: Biermann hält Berlins Streit für Provinzposse
Der Streit um die Ehrenbürgerschaft Wolf Biermanns in Berlin scheint den Liedermacher eher belustigt zu haben. Bei seinem ersten Konzert nach der Entscheidung machte er aus seiner Lust an der Provokation keinen Hehl.
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Potsdam - "Eine Provinzposse" und "todernste Tragödie" sei der Streit um seine Ehrenbürgerwürde gewesen, sagte Biermann (70) bei einem Auftritt in Potsdam. "Eigentlich sollte nicht ich die Ehre erhalten, sondern die Menschen, die mich unterstützt haben". Es war das erste Konzert Biermanns, nachdem das Berliner Parlament und der rot-rote Senat nach monatelangen Querelen die Zusage für die Ehrenbürgerwürde gegeben hatten. Unter großem Applaus stellte er seinen neuen Gedichtband "Heimat" vor, dessen Titelgedicht mit der Zeile beginnt "Ich suche Ruhe und finde Streit".
"Menschen sind mir die wichtigste Heimat", sagte Biermann. West-Berlin sei ihm so fremd wie Barcelona. Der gebürtige Hamburger lebte viele Jahre in Ost-Berlin, bis er vor 30 Jahren aus der DDR ausgebürgert wurde. Am 26. März soll Biermann für seinen Einsatz für Demokratie und Menschenwürde die Ehrenbürgerwürde verliehen bekommen, in der öffentlichen Debatte hatte sich der Liedermacher zurückgehalten.
Ironische Kritik an Wowereit
Neben seinen politischen Klassikern wie der "Stasi-Ballade" trug Biermann auch ganz Privates aus seinem neuen Band vor. In einem Gedicht beschreibt er ein Gespräch zwischen ihm und seiner sechsjährigen Tochter Molly zum Thema Gott. "Ich mache mir meine Enkelkinder noch selber", witzelte der 70-Jährige. Der Streit um seine Person schien Biermann auch zu belustigen. Mit ironischem Unterton merkte er an: "Dass der Wowereit mir die Ehrenbürgerwürde verleiht - das gönne ich ihm!" Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) gehörte bei den Debatten der vergangenen Monate zum kritischen Lager.
In der öffentlichen Auseinandersetzung über eine Ehrung Biermanns wurde vor allem darüber diskutiert, ob der Kritiker der DDR ("Was verboten ist, das macht uns gerade scharf") diese Würdigung verdient hat. Biermann eckte in der Vergangenheit mit seinen Positionen zum Irak-Krieg und zur SED-Vergangenheit der heutigen Linkspartei stark an. Der streitlustige Heine-Preisträger machte auch am Freitag aus seiner Lust an Provokation keinen Hehl: "Eigentlich halte ich das Wort Heimat grundsätzlich für zwielichtig und verhurt." (tso/dpa)
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