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Alles andere als lieb' Mädchen: Vanilla (Maria Dragus) und Tiger (Ella Rumpf)

© Constantin Film Verleih/fogma

Berlinale Panorama: Böse Mädchen mit dem Baseball-Schläger

Nach "Love Steaks": Jakob Lass will mit „Tiger Girl“ ein neues "Martial Arthouse"-Genre begründen.

Von Andreas Busche

Zack – mit einem Tritt ist der Außenspiegel des fetten Autos ab. Die Besitzerin hat Maggie (Maria Dragus) gerade die Parklücke weggeschnappt. „Jetzt passt’s!“, ruft die Parkplatzwächterin der perplexen jungen Frau zu. Nach demselben Prinzip funktioniert auch Jakob Lass’ zweiter Spielfilm „Tiger Girl“. Was nicht passt, wird passend gemacht. Oder in den Worten seiner Titelfigur: „Du muss einfach sagen, was du willst und dann kriegst du es auch!“

Maggie ist gerade durch die Polizeiprüfung gerasselt, die Zähne zusammenbeißen ist nicht ihr Ding. Das muss sie erst von Tiger (Ella Rumpf) lernen, die unvermittelt in ihr Leben platzt. Was genau das Punk-Mädchen an Maggie fasziniert, wird nie ganz klar, auch Tigers Hausbesetzer-Freunde kapieren ihre Auffassung von Toleranz und Solidarität nicht: “Sie ist kein Flüchtling aus Eritrea, sondern sie kommt aus Bochum und will Bulle werden.” Trotzdem nimmt sie sich Maggies an, gibt ihr den Namen Vanilla the Killer und erklärt ihr ein paar Regeln über das Leben aus der Sicht der Menschen, die vom gesellschaftlichen Konsens ausgeschlossen sind – beziehungsweise diesen aufgekündigt haben.

Maggie wird zu Vanilla, Tiger und Vanilla werden unzertrennlich. Leute abzocken, das Bett teilen, andere aus Spaß aufmischen – der Baseballschläger wird Vanillas bester Freund. Irgendwann erkennt Tiger, was für ein Monster sie geschaffen hat.

Viel Wucht und noch mehr Pose

„Tiger Girl“ besitzt von der Titelsequenz an eine Wucht, wie man sich sich im deutschen Kino öfter wünscht. „Martial Arthouse“ nennt Lass seinen Film, neue Genres braucht das Land. Aber ausgefeilte Kampfchoreografien gibt es in „Tiger Girl“ nicht, es herrscht – verbal und formal – das Diktat des Baseballschlägers. Die Haltung ist bewundernswert, als Stil wirkt das auf Dauer allerdings etwas ermüdend.

Die Figuren sind weniger Charaktere als Typen – Tiger, Maggie, ihre Kollegen aus der Ausbildung. Nach der x-ten Verhaltensauffälligkeit verkommt die zwanghafte Nonkonformität zur bloßen Pose.

„Martial Arthouse“ bedeutet in letzter Konsequenz, dass die Improvisationstechniken, der wilde Gestus der Unberechenbarkeit, den Lass in seinem furiosen, leidenschaftlichen Debüt „Love Steaks“ kultivierte, auf das Geld von Martin Moszkowicz und Oliver Berben treffen, die „Tiger Girl“ für Constantin Film produziert haben. Nur lässt sich ein Lebensgefühl nicht mit Posen einfangen, dafür bedarf es auch einer Beobachtungsgabe. Was bleibt, ist ein etwas kruder Kommentar zur Zeit. In die Fresse.

11.2., 9.30 Uhr (Cinemaxx 7), 12.2., 22.30 Uhr (Colosseum 1), 14.2., 18.30 Uhr (Wolf – Saal 1 – Berlinale goes Kiez), 19.2., 17 Uhr (Cubix 9)

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