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Heinz Ohff.

© Tsp

Zum 10. Todestag von Heinz Ohff: Chronist der Kunstinsel West-Berlin

Von 1961 bis 1987 war Heinz Ohff Kunstkritiker des Tagesspiegel und eher im Nebenberuf auch Feuilletonchef. Sein Wort hatte Gewicht.

Seit jeher neigt der Kunstbetrieb, neigen Künstler, Galeristen und Kunstfreunde zur Aufgeregtheit. Da war Heinz Ohff als Kritiker genau der Richtige, um alle Exaltiertheit auf Normalmaß zurückzustutzen. Ein Freund der Kunst, der Künstler war er, aber keiner, der sich verrückt machen oder gar einspannen ließ. Sein geschriebenes Wort hatte ein Gewicht, wie man es sich heute, inmitten der Kakophonie von Blogs und Posts, überhaupt nicht mehr vorstellen kann.

Ohff, Kunstkritiker des Tagesspiegel von 1961 bis 1987 und eher im Nebenberuf auch Feuilletonchef, war eine Instanz. Niemand musste vor ihm zittern, heftige Verrisse waren seine Sache nicht. Sein abgewogenes Urteil war treffend, mit wenigen Strichen sicher gesetzt. Vormittags pflegte er die West-Berliner Galerien zu durchstreifen, eine zu seinen Zeiten anfangs sehr überschaubare und erst in den achtziger Jahren wachsende Zahl. Dann ging er in die Redaktion und formulierte seine Kritik in die Schreibmaschine. Aus Eröffnungsfeiern machte er sich wenig, Kumpanei war ihm zuwider. Er betrachtete die Kunst am liebsten bei Tageslicht, wenn nicht alles so leuchtete, wie es bei abendlichen Vernissagen den Anschein haben mochte.

Die Unbestechlichkeit seines Urteils machte ihn zur Instanz, zu „der“ Kunstkritik schlechthin im insularen West-Berlin, dessen Veränderung zum Großspurigen gegen Ende der achtziger Jahre er mit Unbehagen wahrnahm. „Das Wichtigste der Kultur, Grundvoraussetzung und vielleicht Sinn von Kultur überhaupt,“ schrieb er Ende 1987, nachdem sich Berlin in seiner 750-Jahr-Feier gesonnt hatte „hat gelitten, die Humanität. Berlin täte gut daran, statt Kultur auf goldenen oder silbernen Platten vor sich her zu tragen, die ureigene Kultur der Mitmenschlichkeit, Gutmütigkeit und, last not least, Lebensfreude wiederzuentdecken.“

Nein, Heinz Ohff ließ sich nicht betören, geistige Unabhängigkeit hatte er nach dem Krieg bei den Briten gelernt, und zu England behielt er zeitlebens eine enge Bindung. Quasi nebenbei fand er Zeit, Biografien zu schreiben, über Königin Luise oder den exzentrischen Fürsten Pückler, bemerkenswert genug angesichts des unablässigen Stroms seiner Kritiken zur unmittelbaren Gegenwartskunst. Dass zum Können der Fleiß gehört, zur Intuition die Disziplin, das war sein gewissermaßen preußisches Erbteil, er, der so gut zu einem nüchternen Berlin passte und der doch aus dem holsteinischen Eutin stammte, Jahrgang 1922, und der blutjung in den Krieg geschickt worden war. Seine journalistischen Sporen verdiente er sich in Bremerhaven, von dort kam er 1961 zum Berliner Tagesspiegel und blieb bis zur Altersgrenze 1987.

Eine Instanz war er von Anfang an. Mit ihm ging eine Ära zu Ende, die Ära der eigentümlichen Kunstinsel West-Berlin. Am 24. Februar vor zehn Jahren ist Heinz Ohff gestorben, der Chronist des Kunstlebens der Mauerstadt.

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