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Generationen-Pakt: Eine Szene aus „Als ich so alt war“.

© Schwarzer Turm

„Als ich so alt war“ von Katja Klengel: Doppelte Selbstfindung im Dresdener Winter

Vor zehn Jahren gab Katja Klengel („Girlsplaining“) mit „Als ich so alt war“ ihr Langcomic-Debüt. Jetzt liegt die Fortsetzungsgeschichte gesammelt als Buch vor.

Die eine ist gefangen in ihren Erinnerungen an vergangenes Liebesglück, die andere in einer Gegenwart mit einer toxischen Beziehung und unerfüllten Sehnsüchten. Erst als die beiden Hauptfiguren in Katja Klengels „Als ich so alt war“ – die in Dresden lebende Rentnerin Rosalie und ihre Enkelin, die junge Musikerin Lilli – sich einander öffnen, tun sich neue Perspektiven für die beiden Frauen auf.

Eine weitere Seite aus „Als ich so alt war“.
Eine weitere Seite aus „Als ich so alt war“.

© Schwarzer Turm

Mit wenigen, klaren Tuschestrichen und einfühlsamen Dialogen lässt die Zeichnerin und Drehbuchautorin Katja Klengel ihre Protagonistinnen lebendig werden. Vor zehn Jahren erschien die Geschichte zum ersten Mal, damals als Fortsetzungscomic in der FAZ, der auf sehr positive Resonanz stieß.

Mit der damals gerade 24 Jahre alten Klengel meldete sich eine junge, souveräne Stimme zu Wort, die am Manga und am US-Independent-Comic geschult war, deren fließender Strich aber auch an französische Comic-Erneuerer wie Bastien Vivès erinnerte.

2018 veröffentlichte der renommierte belgische Verlag Casterman Klengels Werk auf Französisch, jetzt endlich gibt es auch eine deutsche Buchausgabe beim Weimarer Verlag Schwarzer Turm (150 Seiten, 15 Euro), die vor Augen führt, dass die Geschichte auch zehn Jahre später noch überzeugen kann.

Klengel erzählt, teils autobiografisch inspiriert, von einer doppelten Selbstfindung. Lilli steckt in einer Beziehungs- und Sinnkrise, ihre Großmutter kommt über den Verlust ihres Mannes nicht hinweg. Vor dem Hintergrund des Dresdener Winters kommen die beiden Frauen, die anfangs außer einer sehr ähnlichen Spitznase nicht viel miteinander zu verbinden scheint, sich näher.

Überraschende Wendungen, Humor und ein grandioses Finale

Klengel gibt ihren Figuren viel Raum für ruhige, introspektive Momente, hat aber auch einige unerwartete Wendungen zu bieten und immer wieder auch humorvolle Szenen, die die ernste Geschichte auflockern – bis hin zu einem grandiosen Finale, von dem hier nichts verraten werden soll.

Das Titelbild des besprochenen Bandes.
Das Titelbild des besprochenen Bandes.

© Schwarzer Turm

Klengels Zeichenstil beeindruckt durch seine Vielfalt. Halbrealistische, detaillierte Szenen wechseln sich ab mit skizzierten Panels, die Dinge nur andeuten und differenziert Stimmungen und Gefühle vermitteln. Klug gewählt visuelle Metaphern reichern die Aussagen wichtiger Momente an.

Die handelnden Personen können bis hin zu den Nebenfiguren überzeugen. Und die teils opulent gezeichneten Stadtszenen sind eine Liebeserklärung an Dresden, wo Klengel an der Hochschule für Bildende Künste studiert hat, bevor sie zum Drehbuchstudium nach Berlin ging.

Dort veröffentlichte sie ab 2017 den ebenfalls autobiografisch grundierten feministischen Episodencomic „Girlsplaining“, der viel Lob sowie einige Comicauszeichnungen bekam und in mehrere Sprachen übersetzt wurde. Mit „Als ich so alt war“ liegt jetzt endlich ein wichtiges Frühwerk der Zeichnerin in angemessener Form vor, ergänzt durch ein erhellendes Interview mit ihr zu den Hintergründen im Anhang des Buches.

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