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Didi, Stulle & Hannes Richert: Zwei Panels aus Fils aktuellem Abschied-Strip.

© zitty

Fil beendet Comicserie: Aus & vorbei für Didi & Stulle

Sein Comic-Strip in der Berliner Stadtzeitschrift „zitty“ war eine Institution. Jetzt macht Fil Schluss mit Didi & Stulle. Hier lesen Sie, wie es zu dem Schritt kam - und wer dem Zeichner folgt.

Er hatte offensichtlich die Lust verloren. Daraus machte Comiczeichner Fil in letzter Zeit kein Geheimnis mehr. Jetzt ist es offiziell: In der diese Woche erscheinenden Ausgabe des Berliner Stadtmagazins „zitty“ gibt es zum letzten Mal einen „Didi & Stulle“-Comic von Philip Tägert alias Fil. Das bestätigten die „zitty“ und Fil dem Tagesspiegel. Damit endet nach 18 Jahren eine der längsten und fruchtbarsten Kooperationen der deutschen Comicszene.

„Meiner Meinung nach hat so 'ne Comicserie neben vielen Vorteilen den einen Nachteil, dass man einfach zu bequem wird und dadurch nicht mehr so gute Sachen macht wie man könnte“, sagt Fil zur Begründung. „Bei den großen alten amerikanischen Comicserien wie Prinz Eisenherz, Popeye oder auch Peanuts durften die Zeichner nicht nachlassen, weil sie sonst einfach mal ganz unsentimental gefeuert werden würden, aber bei uns ist das ja nicht so. Wenn du dir einmal so 'ne Serie erschlichen hast, kannste mehr oder weniger machen was du willst - das ist Gift für die Kreativität.“

Er werde „sicher irgendwann weitere Comics mit Didi und Stulle machen, aber nicht mehr in diesem sicheren Rahmen - ich will Abenteuer und Gefahr. Ich werde jetzt im Internet Comics zeichnen - das Internet ist im Kommen, von dem werden wir noch viel hören.“

481 Folgen - und eine Oper

Nach einem ersten, kurzen Didi-und-Stulle-Auftritt in den 1980ern hat Fil seit Anfang 1997 alle zwei Wochen eine Episode mit den beiden schweinsnasigen Proll-Philosophen erzählt, die so derbe wie tiefgründig über Gott, die Welt und ihre komplexe Beziehung palaverten - in insgesamt 481 Folgen. Sogar eine Oper wurde ihnen gewidmet.

Mit all dem ist jetzt Schluss: In der aktuellen „zitty“ lässt Fil seine beiden Helden ein letztes Mal auftreten – und ihrem Schöpfer begegnen. Der heißt in diesem Fall allerdings plötzlich gar nicht mehr Fil, sondern Hannes Richert und wird in einem Abgesang von „zitty“-Grafiker und Fil-Betreuer Wolfgang Köglmeier als Fils Nachfolger vorgestellt - ein eleganter Kunstgriff, der Abschied und Neuanfang verknüpft. Richert veröffentlichte bislang unter anderem in der „Titanic“ und ist laut Eigenwerbung auf seiner Website ein Zeichner, der „Cartoons für den gehobenen Pöbel“ schafft - klingt nach einer passenden Wahl für die Fil-Nachfolge.

„Man hört dann auf, wenn die Zeit gekommen ist“, schreibt Köglmeier, der sich ebenfalls demnächst von der „zitty“ verabschiedet. „Da ertönt ja keine Klingel oder heult eine Sirene, die anzeigen soll: Schluss, Aus, Feierabend. Entschlüsse beruhen oft auf Verzahnungen verschiedenster Ereignisse, Entwicklungen, Eingebungen, ja sogar Erleuchtungen und was weiß ich nicht alles. Ich gehe z. B. auch bald, das interessiert aber kein Schwein. Oder doch? Fil wird mich begleiten. Nach fast 30 Jahren gemeinsamer zitty-Zeit machen wir Platz für künftige Generationen. Für hoffnungsvolle Talente.“

„Es war Liebe auf den ersten Blick“

Köglmeier nimmt in persönlichen Worten Abschied von Didi und Stulle, die auch vielen Lesern aus dem Herzen sprechen dürften. „Es war Liebe auf den ersten Blick. Und es war, wenn man sich mit Comics beschäftigte, was radikal anderes als das, was bisher in dieser Stadt und in diesem Land zu sehen war. Ich mochte Didi auf Anhieb, weil er so direkt, unverblümt und kraftvoll ist. Und Stulle, ja Stulle, der kleine Sensible mit den großen Nehmerqualitäten, der Vermittler und Friedensstifter. Steckt nicht auch in mir ein bisschen Stulle? So unterschiedlich beide an Körper und Geist auch sein mögen, das Band aus Freundschaft und Liebe ist stark. Stark und elastisch, wie es sich unter guten Freunden gehört.“

Und über Fil schreibt er: „Der Mann, der dahinter steckt, der die Fäden zieht, die Geschichten schreibt und auch noch kongenial zeichnet, das ist der gute Fil. Der Vater, Schöpfer, Denker und Lenker von Didi & Stulle, Fil. Um es einmal so zu sagen: Liebe zum Material und den sich daraus entwickelnden Techniken trifft auf hochsensible Wahrnehmung der Welt in ihren flirrenden, schillernden, ja geradezu phosphorisierenden Facetten. Daraus entwickelte sich das, was man einen Kult-Comic nennt: Didi & Stulle.“

Der Abschied von den beiden Figuren ist, soviel steht fest, auch weit über die „zitty“ hinaus ein herber Verlust für die heimische Comicszene. Fil allerdings wird uns auch weiterhin als öffentliche Person erhalten bleiben – neben seinen Bühnenshows arbeitet er derzeit an einer Fortsetzung seines autobiografischen Romans „Pullern im Stehn“, zudem sind weitere Buchprojekte angedacht.

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