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Überlebenskampf: Eine Seite aus „Kivu“.

© Splitter

Comic-Thriller „Kivu“: Der Retter von Bukavu

In ihrem Comic-Thriller „Kivu“ behandeln Jean van Hamme und Christophe Simon ein Thema von hoher politischer Aktualität.

Süd-Kivu ist eine Provinz der Demokratischen Republik Kongo, der ehemaligen belgischen Kolonie, fern der Hauptstadt Kinshasa. Sie ist äußerst rohstoffreich – das Coltan für unsere Handys kommt hierher – und grenzt an Rwanda, womit zwei zentrale Konfliktquellen bereits erfasst wären.

Ein Ort vieler Grausamkeiten also, die Jean van Hamme und Christophe Simon in dem Abenteuercomic „Kivu“ (Übersetzung Tanja Krämling, Splitter-Verlag, 72 S., 18 €) erstaunlich deutlich zeigen, beispielsweise gleich zu Anfang die versuchte Vergewaltigung eines jungen Mädchens. Darüber entsteht eine Authentizität, die im Kontext der ansonsten recht traditionell konstruierten Geschichte überrascht.

Das Titelbild des besprochenen Albums.
Das Titelbild des besprochenen Albums.

© Splitter

Ohne Klischees von übersexualisierten, wild-grausamen und korrupten Afrikanern, wahlweise raffgierigen oder edlen und naiven Europäern sowie versoffenen Expatriates kommt der Band nicht aus, aber ganz ohne reale Grundlage sind sie ja leider oft nicht.

Es geht um die Verstrickungen zwischen europäischen Kapitalinteressen und afrikanischen Gewaltakteuren, spannend erzählt, mit Fokus auf einen klassischen Helden, dem jungen Belgier François Daans, der sich nach seiner Ankunft in der Provinzhauptstadt Bukavu vom Schicksal zweier Kinder rühren lässt, das Richtige zu tun.

Gewalt, die unsere Vorstellungskraft übersteigt

Der eigentliche Held ist jedoch jemand, dem Daans und damit auch wir Leser mit respektvollem Abstand begegnen. Es geht auch nicht anders. Die reale Arbeit des kongolesischen Gynäkologen Denis Mukwege, Träger des UN-Menschenrechtspreises und des Friedensnobelpreises, die er im Krankenhaus Panzi nahe Bukavu zur Rettung und Wiederherstellung von Kindern, Mädchen und Frauen leistet, die Opfer von sexualisierter Kriegsgewalt und Verstümmelung geworden sind, übersteigt unsere Vorstellungskraft. Geschweige denn die Möglichkeiten eines Comics, der für sein Publikum erträglich und unterhaltsam sein soll.

Letzteres gelingt, wenn auch die farbigen Zeichnungen gelegentlich etwas altbacken wirken und hier und da trotz des naturalistischen Stils merkwürdige Körperhaltungen zu sehen sind. Auch ist die Übersetzung manchmal etwas holprig (wann hat man zuletzt das Wort „Rüpel“ gehört?).

All dies verblasst jedoch vor der verdienstvollen Kombination eines mitreißenden Abenteuers und der Verbeugung vor einem wahren Helden, der tatsächlich in der ständigen Gefahr lebt und arbeitet, die wir über die fiktiven Comic-Helden so gerne stellvertretend lesend erleben.

Thomas Greven

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