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Maschinenkrieg in Wasserfarben: Dustin Nguyens Aquarelle geben der Serie eine besondere Anmutung.

© Splitter

Science-Fiction-Comic: Nach der Apokalypse geht's weiter

Jeff Lemires und Dustin Nguyens Science-Fiction-Saga „Descender“ beeindruckt mit einem spektakulären Finale - und endet doch nicht ganz.

Kilometerlange Raumschiffflotten und riesige Kampfroboter liefern sich eine letzte explosive Schlacht. Im Abschlussband der zwar genrekonformen, dabei aber gefühlsbetonten Science-Fiction-Saga „Descender“ muss es krachen, muss die nahende Eskalation zwischen Menschen und Maschinen in Cameron’scher Hollywood-Manier in Flammen aufgehen.

Wie in vielen anderen Arbeiten, etwa bei seinen zerbrechlich-traumatisierten Retro-Helden aus dem „Black Hammer“-Universum belässt es der kanadische Autor Jeff Lemire nicht dabei, seinen sicheren Umgang mit dem Pflichtprogramm des jeweiligen Genres zu demonstrieren. Seine Kür sind traumatisierte Figuren. Und wenn Lemire es will, dann sind sie auch so liebenswert wie TIM-21, der Roboterjunge mit dem Herzen aus Gold.

Zarte Farben, spritzendes Blut

Tim ist die Hauptfigur in „Descender“. Mit hellen, reduzierten Aquarellen bebildert Künstler Dustin Nguyen den Maschinenkrieg seines Autorenfreundes auf eine dissonante Art und Weise. Solch zarte Farben und feine Linien würde man in einem fröhlichem Kinderbuch vermuten, nicht in einer dystopischen, mitunter auch beachtlich ruppigen Weltraum-Oper. Doch gerade dieser Widerspruch zwischen freundlich-warmen Bildern und unter Blutfontänen abgetrennten Gliedmaßen ergänzt perfekt die inhaltlichen Kontraste der Comic-Reihe.

Selbstredend muss man kein ausgewiesener Experte in futuristischer Unterhaltung sein, um Konflikte zwischen Menschen und Maschinen bereits aus anderen Werken zu kennen. Auch Fragen nach dem Wert, nach dem Schutzbedarf künstlich erschaffener Gefühle sind häufig zitierte Motive in Literatur, Kino oder jüngst auch in erzählerischen Videospielen wie dem Playstation-Blockbuster „Detroit Become Human“.

Wenn Baufahrzeuge ans Herz gehen

Aber niemand versteht es so gut wie Jeff Lemire, Erzählmuster, die als abgedroschen und uninteressant gelten, mit einem sicheren Gespür für authentische und emotional wirksame Figuren zu beleben. Bezeichnenderweise ist eine der intensivsten und bewegendsten Szenen in „Descender“ ein Dialog zwischen zwei aufrecht gehenden Baufahrzeugen.

Mit diesem abschließenden Band der Reihe wird solcher großen Höhepunkte zum Trotz aber vor allem solides Erzähl-Handwerk geboten. Noch offene Fragen werden überwiegend befriedigend beantwortet und alle zuvor angedeuteten Schicksale in einem Regen brennender Stahltrümmer besiegelt, ganz wie es sich gehört.

Finale - vorläufig: Das Cover der deutschen Ausgabe des sechsten Bandes der Reihe.

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Dass „Der Maschinenkrieg“, wie der Name des letzten Bandes lautet, nicht der emotionale Höhepunkt der intergalaktischen Reise ist, macht dabei durchaus Sinn: Mit der neuen Reihe „Ascender“, die Ende April bei Image Comics starten soll, will das kreative Duo sein Epos in einer postapokalyptischen Fantasy-Welt abschließen, was den vermeintlichen Abschlussband vor allem zu einem vortrefflich unterhaltendem Teaser für das nächste große Kapitel rund um den Roboterjungen TIM-21 macht.

Jeff Lemire, Dustin Nguyen: Descender, Übersetzung Bernd Kronsbein, Splitter, sechs Bände à 120/144/160 Seiten, je 19,80/22,80 Euro

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