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Neue Programmleiterin bei Carlsen Comics: „Deutschsprachige Eigenproduktionen haben einen sehr hohen Stellenwert“
Carlsen ist einer der wichtigsten deutschen Verlage im Bereich Comics. Jetzt hat er mit Jasmin Männel eine neue Programmleiterin. Hier gibt sie einen Ausblick, wo sie Schwerpunkte setzen will.
Stand:
Carlsen ist einer der größten deutschen Verlage, der vor allem in den Bereichen Comics und Jugendliteratur führend ist. Seit Anfang Juli hat der Hamburger Verlag eine neue Programmleiterin für Comics: Jasmin Männel.
Im per E-Mail geführten Interview erklärt die 27-Jährige, was unter ihrer Leitung zu erwarten ist und ob die von Szenekennern geäußerte Sorge begründet ist, dass künftig weniger deutsche Eigenproduktionen veröffentlicht werden.
Sie haben vor vier Jahren als Volontärin bei Carlsen begonnen und dann als Lektorin in der Comicredaktion gearbeitet. Was hat Sie damals zu einem Comicverlag gebracht, und welche Art von Comics lesen Sie privat am liebsten?
Ich habe in der schönen Comicstadt Erlangen studiert und hatte das Glück, einige Kurse bei der inspirierenden Professorin Dr. Maren Conrad besuchen zu können, bei der das Medium Comic eine wichtige Rolle gespielt hat.
Nach dem Abschluss meines Studiums der Buchwissenschaft kam die Ausschreibung zum Volontariat in der Carlsen-Comics-Redaktion also wie gerufen.
Privat lese ich ganz unterschiedliche Genres. Ich bin großer „Peanuts“-Fan, lese gerne Comickrimis wie „Der Hafen der Geheimnisse“ und bin auch gleichzeitig persönlich begeistert, wie viele feministische Graphic Novels es inzwischen gibt.
Welches waren in den vergangenen Jahren Ihre inhaltlichen Schwerpunkte als Comicredakteurin bei Carlsen?
Wir Redakteur:innen bei Carlsen Comics sind alle sehr breit aufgestellt. Ich habe zum Beispiel an Sonderausgaben von „Tim und Struppi“ mitgearbeitet, tolle Eigenproduktionen wie die „Känguru-Comics“ betreut und habe mich auch sehr mit dem wachsenden Bereich der Kindercomics beschäftigt.
Welche Schwerpunkte dürfen Leserinnen und Leser von Comics aus dem Carlsen-Verlag von Ihnen als neue Programmleiterin erwarten?
Carlsen Comics ist eine traditionsreiche Marke, die legendären Charakteren wie „Spirou & Fantasio“ und „Calvin & Hobbes“ ebenso ein Zuhause bietet wie den bekannten Autor:innen Catherine Meurisse, Reinhard Kleist oder Tobi Dahmen. Mit Bea Davies, Rinah Lang und Moritz Stetter haben wir Künstler:innen ins Programm genommen, die unseren Graphic-Novel-Bereich thematisch und stilistisch wunderbar ergänzen.
Neben frankobelgischen Klassikern, Sachcomics und Graphic Novels bilden Kindercomics einen wichtigen Programmschwerpunkt. Dabei ist mir und uns Vielfalt sehr wichtig – in unseren Formaten, Themen und Perspektiven. Bewährte Formate möchte ich durch offenere Comicformen ergänzen.

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In welchem Umfang sollen bei Carlsen auch weiterhin deutsche Eigenproduktionen erscheinen, und welche Art von Titeln für welche Zielgruppen sind Ihnen dabei besonders wichtig?
Eigenproduktionen von deutschsprachigen Kreativen haben für uns einen sehr hohen Stellenwert. Dabei bilden wir eine hohe Bandbreite ab, wie man an den Neuerscheinungen der nächsten Monate sieht: Jens Harder veröffentlicht bei uns „Gamma“, den Abschlussband seiner „Großen Erzählung“, Marc-Uwe Kling und Bernd Kissel gehen mit ihrem Album „Elon & Jeff on Mars“ auf Tour, zur Frankfurter Buchmesse haben wir die spannenden Biografien zu Rainer Maria Rilke von Melanie Garanin und Hildegard Knef von Moritz Stetter dabei.
Die Comic-Adaption „Der goldene Handschuh“ von Heinz Strunk und Ully Arndt findet ebenso Platz in unserem Programm wie der feministische Comic „Peri Meno“ von Rinah Lang. Gleichzeitig erscheinen in Eigenproduktion Kindercomics zu den Marken Heavysaurus und Minecraft. Carlsen Comics bedient schon lang sehr unterschiedliche Zielgruppen, die wir weiterhin pflegen werden. Im Fokus stehen dabei unter anderem Sachcomics für ein erwachsenes Publikum sowie Kindercomics.

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In der deutschen Comicszene wird zum Teil mit großer Sorge beobachtet, dass bei Carlsen nach einigen Jahren mit vielen herausragenden Comics aus deutscher Produktion in jüngster Zeit immer weniger Eigenproduktionen veröffentlicht wurden. „An namhaften deutschsprachigen Autoren herrscht da ebenso Mangel wie an vielversprechenden Neulingen“, stellte zum Beispiel kürzlich FAZ-Literaturredakteur Andreas Platthaus fest. Inwieweit ist die Sorge begründet?
Die Sorge ist absolut unbegründet, wie man an den zuvor aufgeführten Titeln sieht. In diesem Jahr erscheinen bei uns mehr Eigenproduktionen als in den letzten beiden Jahren, und wir planen auch in den nächsten Programmen viele Projekte mit renommierten Zeichner:innen sowie Comic-Debüts. Vor dem Comic-Salon Erlangen werden starke Titel erscheinen und wir bereiten natürlich auch schon mit großer Freude das Carlsen-Comics-Jubiläum 2027 vor.
Andere Beobachter sehen in dieser Hinsicht den Egmont-Verlag als warnendes Beispiel. Der hat vor einigen Jahren sein Programm deutscher Eigenproduktionen und Graphic Novels fast komplett eingestellt und konzentriert sich vor allem auf wirtschaftlich verlässliche Lizenztitel wie Disney-Comics, Manga und Ähnliches. Gibt es bei Carlsen ähnliche Überlegungen, das eigene Programm an westlichen Comicklassikern und Manga stärker auszubauen und weniger auf Eigenproduktionen zu setzen, die oft mit mehr Arbeit und unsicheren wirtschaftlichen Perspektiven verbunden sind?
Nein, eine solche Verschlankung des Programms ist bei Carlsen Comics nicht geplant. Unser Ziel ist es, möglichst vielen Menschen einen Zugang zu dem so vielfältigen Medium Comic zu ermöglichen, für das wir alle so brennen. Das gelingt uns durch die Mischung aus beliebten Comicklassikern, gesellschaftsrelevanten Graphic Novels und Kindercomics.
Eigenproduktionen werden dabei weiterhin eine sehr wichtige Rolle spielen, denn gerade diese intensive Zusammenarbeit mit den Kreativen liegt dem gesamten Team besonders am Herzen. Die Stärkung der deutschsprachigen Comicszene spielt dabei für uns ebenso eine Rolle wie der Austausch mit den Hochschulen und Comicfestivals.
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