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Himmelfahrtskommando: Eine Szene aus dem dritten und letzten Band von "Im Eisland".

© Hinstorff

„Im Eisland“ und „Terra Australis“: Reisen ohne Wiederkehr

Odysseen im Namen der britischen Krone: Wie zwei der großen Seeabenteuer jetzt zu Comicerzählungen verarbeitet wurden.

Ihre Teilnehmer sollten neue Welten erschließen, den Machtanspruch ihrer Herren in den entferntesten Regionen festigen – und wurden in einen gnadenlosen Überlebenskampf getrieben. Zwei der großen Seereisen, die die Menschheitsgeschichte veränderten, sind jetzt in Comicform aufgearbeitet worden: Die Franklin-Expedition Mitte des 19. Jahrhunderts und die Inbesitznahme Australiens als britische Kolonie Ende des 18. Jahrhunderts.

In der dreiteiligen Comic-Erzählung „Im Eisland“, deren letzter Band kürzlich im Hinstorff-Verlag erschienen ist, nähert sich die Hamburger Zeichnerin Kristina Gehrmann der Forschungsreise des britischen Polarforschers Sir John Franklin von 1845 bis 1848. In klaren, von japanischen Manga inspirierten Bildern, schildert sie auf rund 700 Seiten den Verlauf der Expedition, deren Ziel es war, im Norden Kanadas einen kürzeren Seeweg von Europa nach Asien zu finden, die aber stattdessen in einer Katastrophe endete.

Komplett: Kürzlich ist der dritte Band von "Im Eisland" erschienen, hier das Cover.
Komplett: Kürzlich ist der dritte Band von "Im Eisland" erschienen, hier das Cover.

© Hinstorff

Vor allem über die Dialoge vermittelt sie ein lebendiges Bild der anfänglichen Abenteuerstimmung unter der Besatzung, die angesichts unüberwindbarer Hindernisse in Verzweiflung und Wahnsinn umschlägt.

Ihr exakter, aufgeräumter und mit Raster-Kontrasten angereicherter Zeichenstil wirkt anfangs steif, vermittelt aber im Lauf der Erzählung ein zunehmend lebendiges Bild der menschlichen Dramen hinter der Expedition. So führt sie die menschliche Hybris von der unbeschränkten Naturbeherrschung und deren Grenzen eindrücklich vor Augen.

Sträflinge, Straßenkinder und Seeleute

Eine Seereise, die rund 60 Jahre zuvor stattfand, haben der französische Autor Laurent-Frédéric Bollée und der Zeichner Philippe Nicloux zum Ausgangspunkt ihrer epischen Comicerzählung „Terra Australis“ gemacht, die kürzlich im Splitter-Verlag veröffentlicht wurde.

In dynamischeren Bildern, aber ähnlich solide recherchiert wie „Im Eisland“, erzählen sie von den Sträflingen, Straßenkindern und Seeleuten, die oft gegen ihren Willen oder aus der Not heraus auf jene Reise ohne Wiederkehr gingen, die am 26. Januar 1788 an der Küste des heutigen Australien endete. Dort sollten sie gemeinsam ein neues Land gründen und nebenbei Ruhm und Macht der britischen Krone mehren – doch für viele Teilnehmer endete die Fahrt ähnlich desaströs wie die Franklin-Expedition.

Auf zu neuen Ufern. Eine Seite aus "Terra Australis".
Auf zu neuen Ufern. Eine Seite aus "Terra Australis".

© Splitter

Bollée und Nicloux machen mit skizziert wirkenden, leicht karikierenden Figurenzeichnungen, größtenteils recht lebendigen Dialogen und vielen Hintergrundinformationen die menschlichen Schicksale hinter den historischen Daten deutlich. Die Biografien der bekannteren Teilnehmer der Reise lesen sich dabei allerdings teilweise eher wie ein illustriertes Geschichtsbuch.

Opulent: Das Cover von "Terra Australis".
Opulent: Das Cover von "Terra Australis".

© Splitter

Dennoch gibt der Comic einen aufschlussreichen Einblick in die sozialen und politischen Hintergründe dieses kolonialistischen Abenteuers. Und mit der Schilderung der ersten wenig verheißungsvollen Zusammentreffen der Neuankömmlinge mit den Ureinwohnern deuten die Autoren deren noch weitaus tragischeres Schicksal zumindest an, auch wenn das in dem auf die europäische Perspektive beschränkten Buch zu kurz kommt.

Kristina Gehrmann: Im Eisland, Hinstorff, drei Bände, 224 / 224 / 272 Seiten, Bd 1 & 2 je 16,99 Euro und Bd. 3: 18,99 Euro

Laurent-Frédéric Bollée und Philippe Nicloux: Terra Australis, Splitter, 508 Seiten, 44,80 Euro

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