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DENKEN: Formen und Zeugen

Für den Philosophen Immanuel Kant gab es genau vier Fragen, die sich ernsthaft denkende Menschen stellen müssen: Was kann ich wissen? Was soll ich tun?

Für den Philosophen Immanuel Kant gab es genau vier Fragen, die sich ernsthaft denkende Menschen stellen müssen: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Und: Was ist der Mensch? Wir beantworten sie, nicht immer ganz ernst gemeint, mit dem Hinweis auf eine besonders empfehlenswerte Veranstaltung im Vortrags-, Lesungs- und Debattendickicht Berlins – und denjenigen, der dahinter steht.

Was kann ich wissen?

Immer weniger scheinen die Gene schicksalshaft zu bestimmen, was wir sind und wie wir aussehen. Stattdessen rücken in der Epigenetik kulturelle Faktoren in den Blick, die sich in das Erbgut „einschreiben“. Der Einfluss der Umwelt, der Ernährung und anderer Elemente vollzieht sich aber nicht so, dass diese die Erbsubstanz verändern würden. Vielmehr entscheiden sie darüber, wann genetische Vorgaben aktiviert werden. Mit dieser Sichtweise ist die Epigenetik nicht nur ein spannender Forschungsbereich der Biowissenschaften, sondern avanciert auch zu einem Gegenstand der Kulturwissenschaften. So wurde am Zentrum für Literatur- und Kulturwissenschaften (ZfL) das Forschungsprojekt „Kulturelle Faktoren der Vererbung“ entwickelt, das die theoretischen, methodischen und kulturgeschichtlichen Voraussetzungen der Inkorporierung kultureller Faktoren in die Biologie der Vererbung untersucht.

Was soll ich tun?

Am Dienstag um 18.30 Uhr mit dem Projektmitarbeiter Jörg Thomas Richter die aktuellen Schönheitsvorstellungen und -diktate im Zeichen des Epigenetischen betrachten. In seinem Vortrag „Manipulierte Leiber: Zum Formen und Zeugen schöner Körper“ geht Richter der Frage nach, welche Faktoren den Wunsch nach einem schönen Kind bestimmen. Das sind einerseits die technischen Möglichkeiten, zum anderen die jeweiligen Bilder der Schönheit, denen die Zeitgenossen entsprechen wollen. Wie unterschiedlich diese sind und auf welchen Wegen man sie realisieren wollte, beleuchtet Richter anhand von Beispielen aus dem 17. Jahrhundert bis heute (Museum für Kommunikation, Leipziger Str. 16).

Was darf ich hoffen?

Dass das Zufällige der Vererbung – so willkürlich und ungerecht es zu sein scheint – nicht umstandslos auf dem Altar der Optimierung geopfert werden kann.

Was ist der Mensch?

Epigenetisch betrachtet schon vorgeburtlich ein Kulturwesen. Elke Brüns

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