
© Jürgen Olczyk
Der Fall Gustl Mollath als TV-Film : Jan Josef Liefers ganz anders
Über Jahre unschuldig weggesperrt. Im Arte-Film „Gefangen – Der Fall K.“ erinnert Jan Josef Liefers an eine skandalöse Verschwörung von Psychiatrie und Justiz.
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Der Text aus “Don’t let me be Missunderstood“ passt erstaunlich gut zum Leben von Sebastian „Wastl“ Kronach, wie der von Jan Josef Liefers gespielte Mann im Arte-Film „Gefangen – Der Fall K.“ (Arte, 26.7. um 22.25 Uhr und in der Arte-Mediathek) heißt. Bundesweit machte der reale Fall von Gustl Mollath vor mehr als einem Jahrzehnt als einer der größten Justizskandale der Bundesrepublik Schlagzeilen.
„Yes, I’m just a soul who’s intentions are good / Oh Lord, please, don’t let me be misunderstood.“ Genau dies passiert Kronach/Mollath, der für sieben Jahre hinter den Mauern der forensischen Psychiatrie unter unmenschlichen Bedingungen weggesperrt wurde, weil er die illegalen Geldwäschegeschäfte seiner Ehefrau und ihrer Arbeitgeberin – einer allseits bekannten bayerischen Bank – nicht stillschweigend hinnehmen wollte.
Ein alter Mann mit Hand- und Fußfesseln, der durch einen Mini-Gefängnishof schlurft, der kleiner ist als so mancher Löwenkäfig, umgeben von hohen Mauern und einem toten Vogel in der Stacheldrahtkrone – so beginnt das TV-Drama. In Szene gesetzt hat es Regisseur Hans Steinbichler, der zusammen mit Kit Hopkins auch das Drehbuch geschrieben hat.
„Guten Tag, ich möchte mich vorstellen, mein Name ist Sebastian Kronach. Und ich bin in eine absolut unglaubliche Geschichte geraten“, hört man Kronach sagen. Dass sich dahinter Jan Josef Liefers verbirgt, den die TV-Zuschauer vor allem als kauzigen Gerichtsmediziner Karl-Friedrich Boerne kennen, ist schwer vorstellbar.

© Jürgen Olczyk
Kronach ist da schon von den Jahren hinter Gittern gezeichnet, obwohl er vom zudem falschen Vorwurf der schweren Körperverletzung und Freiheitsberaubung freigesprochen wurde – wegen seiner angeblich psychisch bedingten Schuldunfähigkeit. Dass die Gutachten erstellt wurden, ohne ein einziges Gespräch mit ihm, hatte den Richter nicht interessiert.
Regisseur Steinbichler lässt es nach der drastischen Einstiegsszene langsam angehen. Zunächst erzählt er, was in den Zeitungsberichten zum Fall Mollath eher weniger Beachtung fand. Darin ging es zuallererst um die unglaubliche Verschwörung von Psychiatrie und Justiz sowie um das systematische Unter-den-Teppich-Kehren der kriminellen Vorgänge in einem der bekanntesten Geldinstitute des Bundeslandes.
Die intrigante Ehefrau beinahe zu positiv besetzt
Sebastian und Elke Kronach (beinahe zu positiv besetzt mit Julia Koschitz) sind zunächst als glückliches Ehepaar zu sehen, das ihr Leben auf der Überholspur in vollen Zügen genießt. So bei einer Fahrt im Porsche-Cabrio vor alpiner Traumkulisse. Er restauriert als Ex-Rennfahrer erfolgreich Oldtimer-Autos, sie ist eine aufstrebende Bankerin.
Doch während er sich weigert, Aufträge an der Steuer vorbei ohne Rechnung zu übernehmen, hat sie keine Skrupel, im Auftrag von Bank und Kunden Bargeld-Koffer ins schweizerische Steuerparadies zu transportieren. Dort landet es dann auf Nummernkonten mit so fantasievollen Namen wie „Luftschloss“ oder „Holy Moly“.
Die Beziehung bekommt Risse, als sie ihn auf ein Seminar in die Schweiz mitnimmt. Das Thema: Steuerstrafrecht – und was man tun muss, wenn man erwischt wird. „Mach dir keine Sorgen“, versucht Elke ihren Ehemann zu beruhigen, als er ihr die Brisanz ihres Handelns vor Augen zu führen versucht.
Wie bei Karat: Sieben dunkle Jahre übersteh’n
Tatsächlich wird es für Elke brisant, als ihr Ehemann den Vorstandschef der Bank informiert – „damit es aufhört“, wie er schreibt. Vergebens. Die Bank findet eine Übereinkunft mit Elke – und sie einen Weg, sich ihren Ehemann nicht nur vom Hals zu schaffen, sondern zugleich so unglaubwürdig zu machen, dass er keine weitere Gefahr mehr darstellt.
Steinbichler bleibt in der nun beginnenden Odyssee bei Wastl Kronach. Gezeichnet wird das Bild eines Mannes, der in seiner Verstocktheit durchaus seinen Anteil an den Ereignissen hat. Nicht zuletzt, weil er glaubt, sich selbst verteidigen und dem System seine Bedingungen aufzwingen zu können.
Er zahlt dafür einen hohen Preis. Dass der Skandal ans Licht kommt und zu einer geänderten Rechtslage führt, gibt hingegen ein wenig Hoffnung. Vielleicht auch wegen eines zweiten Songs, der mehrfach auf dem Klavier angespielt wird – „Über sieben Brücken musst du geh’n / Sieben dunkle Jahre übersteh‘n“. Für Wastl Kronach respektive Gustl Mollath waren sie sehr dunkel.
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