
© VG Bild-Kunst, Bonn 2025
Der Himmel über Berlin leuchtet : Eine Ausstellung von SOOKI und Mathias Koeppel
Das Maler-Ehepaar hat sich der figurativen Kunst verschrieben, kreuzt sie aber mit surrealen Momenten. Wohin das führt, zeigt ihre Schau in der Galerie Nierendorf.
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Bekannt für Ausstellungen der klassischen Moderne, präsentiert die Berliner Galerie Nierendorf zuweilen auch Werke zeitgenössischer Künstler und Künstlerinnen. Nun sind dort Bilder des weithin bekannten Chronisten der Berliner Zeitgeschichte, Matthias Koeppel, und seiner in Seoul geborenen Frau Hong Youn-Sook zu sehen, die sich den Künstlernamen SOOKI zugelegt hat.
Auf vielen Bildern stellt Koeppel sich und SOOKI augenzwinkernd als trautes Paar dar, und der Betrachter ist angetan von dieser Zuneigung. Um so erfreulicher, dass beide auf der Vernissage in der Hardenbergstraße zugegen waren.
Neue Prächtigkeit
Es sind ausschließlich nach 1990 entstandene Arbeiten. Demzufolge geraten neue Sujets ins Blickfeld: Maueraufbruch, Ruinen (auch die des ehemaligen Palastes der Republik), Schrotthaufen, aber auch ein Bild wie „Sehnsucht nach Arkadien“ von Matthias Koeppel: eine sich selbst überlassene Naturlandschaft unter dräuendem Himmel, oder SOOKIs Tuschzeichnung „Dach des Sony-Centers“.
1973 gründete Koeppel mit den Malerkollegen Johannes Grützke, Manfred Bluth und Karlheinz Ziegler die Schule der Neuen Prächtigkeit. Was darunter zu verstehen ist, kann sich der Besucher vor einigen großformatigen Gemälden erschließen. Die farbenprächtigen Motive beeindrucken auf den ersten Blick. Es ist eine figurative, realistische Malerei. Zumeist breitet sich über der Szenerie ein weit gespannter Himmel. Koeppels Absicht: Seine figürlichen Szenen und Landschaften bekämen „durch den großen Himmel eine überhöhte Bedeutung“. Auch andere Ausdrucksformen der Romantik werden übernommen. Die „Prächtigkeit“ des Erhabenen steht dem profanen Alltag gegenüber.
Freilegung des Lenin-Denkmals
Die Symbiose des Überirdischen mit dem zeitlich Flüchtigen von Mensch und Zivilisation (Barbara Straka) macht die „Neue Prächtigkeit“ aus. Und die Ironie ist bei Koeppel nicht nur ein charmanter Gag, sondern zugleich mehr oder weniger Kritik, so wenn der weiße Dampfer „Viktoria“ vor einem riesigen Müllberg am „Spreeufer in Moabit“ (14.500 Euro) entlang fährt. Oder in dem Ölbild „Ausgrabung“, das einen tatsächlich stattgefunden Vorgang ironisiert: die Freilegung des Lenin-Denkmals, das man am Platz der Nationen geköpft hatte, aus einer Sandgrube der Müggelberge.
Unverkennbar Gregor Gysi streicht mit einem Handfeger liebevoll über die Wange des Idols. Nun stand Gysi dem Lenin-Erbe durchaus distanziert gegenüber, aber das hintergründige Spiel mit der Tradition mag Koeppel gereizt haben. Ein Arbeiter steht mit der Schaufel teilnahmslos am Rand. Zwei (während der Aktion nicht vorhandene) Scheinwerfer als Metapher der Aufmerksamkeit beleuchten die Szene, und eine Cola-Dose symbolisiert die Versprechungen der westlichen Konsumwelt. Das Bild trägt ikonografische Züge.
Prinzip Realismus
Aber die Jahre, die beim Betrachten der Werke lebendig werden, sind eine Zeit des Paradigmenwechsels. Nach der Jahrhundertwende bezieht Koeppel Stilelemente des Kubismus in sein Schaffen ein. Die Gebäude werden durch lineare Brüche überformt wie in dem Gemälde „Kempinski“ oder in „Besichtigung des Scharoun-Hauses mit Malewitsch“ (Bleistift, 4300 Euro). In „Wilmersdorfer Schornsteine“ löst sein Neokubismus die Formen fast auf. Es ist eine neue Malweise, die abstrakte Elemente mit Versatzstücken des Alltags kombiniert; aber er bleibt dem „Prinzip Realismus“ treu.

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SOOKI studierte Malerei an der Universität der Künste Berlin, ist aber auch literarisch aktiv. In Korea erhielt sie für ihre Lyrik mehrere Preise. In ihren Aquarellen und Gemälden entfaltet die Künstlerin eine verhaltene, in sich ruhende Poesie. Hier sind Himmel und Erde eins; in dezenten Farben gehen sie ineinander über wie in „Ausblick auf die Kongresshalle“ (3500 Euro). Auch bei ihr der Stilbruch zwischen „Mohnblumen im Mai“ und den Kohlezeichnungen „Neokubistische Rose“ I und II (je 3000 Euro).
Von bezaubernder Eindringlichkeit die Tuschezeichnungen in koreanischer Tradition, so „Palastruine vor dem Berliner Dom“ (8000 Euro). Demgegenüber der Idylle frönend die Landschaftsaquarelle und Gouachen. Ein Koeppel-SOOKI-Kosmos tut sich auf, der Gemeinsamkeiten in Motiv- und Themenwahl und reizvolle Unterschiede offenbart.
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