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Große Augen, die Mimik alert, aber nie panisch. Volksbühnen-Darstellerin Margarita Breitkreiz als Marija, Titelheldin von Michael Kochs Spielfilmdebüt.

© Real Fiction

Im Kino: Sozialdrama „Marija“: Der Traumsalon

Eine Ukrainerin will in Deutschland einen Friseursalon eröffnen, doch ihr Lebenstraum wird zum Kampf. Regisseur Michael Koch hat mit „Marija“ ein leises, eindrucksvolles Spielfilmdebüt vorgelegt.

Von Andreas Busche

Manche Träume wirken so bescheiden, dass sie von außen betrachtet eigentlich keine ernst zu nehmende Hürde darstellen sollten. Allerdings erfordern sie ein Durchsetzungsvermögen, das nur wenige Menschen am Rande der Gesellschaft aufbringen. Die junge Ukrainerin Marija (Volksbühnen-Darstellerin Margarita Breitkreiz) will in Deutschland ihren eigenen Friseursalon eröffnen. In ihrer Heimat hatte sie bereits als Friseurin gearbeitet, bis sie keine Perspektive mehr sah. Jetzt lebt sie mit ihrer besten Freundin Olga (Olga Dinnikova) in Dortmund, ist von ihrem Ziel aber weiter entfernt denn je.

Um Startgeld für ihren Lebenstraum zusammenzukratzen, arbeitet Marija als Reinigungskraft in einem Hotel, das sie sich nie leisten könnte. Als sie auch noch diesen Job verliert, weil ihre Vorgesetzte sie beim Klauen erwischt, schwinden ihre Optionen. Der Kleinkriminelle Cem (Sahin Eryilmaz), der sich bei der jungen Frau Chancen ausrechnet, unterstützt Marija bei der Miete – die Gegenleistung sind sexuelle Gefälligkeiten. Aber irgendwann hat Marija keine Lust mehr, sich in die Opferrolle zu fügen. Als sie Georg, gespielt vom Bären-Gewinner Georg Friedrich, kennenlernt, für den sie bei dessen krummen Geschäften mit russischen Bauunternehmern hin und wieder dolmetscht, ergreift sie die Initiative.

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Man kennt diese Bewegung aus dem europäischen Autorenkino zur Genüge. Ein angespannter Körper bahnt sich seinen Weg durch eine feindliche Umwelt, gegen alle sozialen und ökonomischen Widerstände. Ein einziger Kampf um die persönliche Würde. Doch man muss nur in das Gesicht von Margarita Breitkreiz blicken, um zu verstehen, dass „Marija“ sich vom typischen Autorenkino-Miserabilismus unterscheidet. Breitkreiz’ Gesicht ist offen wie ein Buch: große Augen, ihre Mimik alert, aber nie panisch, das Kinn im permanenten Angriffsmodus eigenwillig vorgeschoben.

Der Schweizer Regisseur und Drehbuchautor Michael Koch hat mit „Marija“ ein stilles, eindrucksvolles Spielfilmdebüt vorgelegt, das seinen Sozialrealismus nie ausstellt. Die Ruhrpott-Tristesse fungiert nicht als bloße Kulisse. Die sozial benachteiligte Dortmunder Nordstadt, wo der Film gedreht wurde, bildet auch die Allianzen ab, von denen Marijas Kampf um Anerkennung am Rande handeln. Zwischen Solidarität und Konkurrenz schwanken die Beziehungen der Menschen untereinander – Russen, Ukrainer, Deutschtürken, abgehängte Deutsche. Und mittendrin bilden Marija und Georg eine unwahrscheinliche Zweckgemeinschaft. Koch erzählt seine Geschichte ohne falsche Sentimentalität.

In 5 Berliner Kinos (teilw. OmU)

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