
© VG Bild-Kunst, Bonn, 2021, Foto: Jochen Littkemann
Die Ausstellungs-Highlights der Staatlichen Museen: Ein Eistütensessel zu Besuch im Romantikersaal
Von Dschingis Khan bis Claude Monet: Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz feiert im kommenden Jahr diverse Jubiläen mit großen Ausstellungen.
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Könnte es sein, dass die Arbeit an den Staatlichen Museen mit Marion Ackermann schneller, lustvoller, pfiffiger geworden ist? Dieser Eindruck ließ sich jedenfalls gewinnen bei der Präsentation der Highlights des kommenden Jahres in der Alten Nationalgalerie. Im Drei-Minuten-Takt stellten Direktoren und Kuratoren kurz und präzise ihre wichtigsten Projekte vor. Die neue Präsidentin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz moderierte.
Vielleicht lag es aber auch einfach daran, dass sie nur die spannendsten Ausstellungsvorhaben für 2026 Revue passieren ließen und ein Füllhorn der unterschiedlichsten Themen ausschütteten: von der Zeitungsstadt Berlin über die Porträts von Botticelli bis zu Lempicka und weiter zur Lebenswelt von Dschingis Khan und seiner Bedeutung bis heute. Die ganze Spannweite ließ sich an den rechts und links des Rednerpults platzierten Exponaten ablesen: Claude Monets „Sommer“ von 1874 und Verner Pantons Eistütensessel von 1958.

© Staatliche Museen zu Berlin, Kunstgewerbemuseum
Der fast beschwingte Gesamteindruck mag aber auch an dem lockeren gemeinschaftlichen Auftritt liegen, als würde hier ein neuer Geist walten, der die unterschiedlichen Ideen verbindet. Die Performance im Romantiker-Saal der Alten Nationalgalerie wirkte bereits selbst wie die von Marion Ackermann angekündigte Verdichtung, eine Verknüpfung der verschiedenen „Narrationslinien“, wie sie es nannte.
In Ausstellungen Menschen zusammenzubringen und ihnen prägende Erlebnisse oder tiefe Erkenntnisse zu vermitteln, ist ein zentraler Auftrag der Stiftung.
Marion Ackermann, Präsidentin Stiftung Preußischer Kulturbesitz
Als Ort war die Alte Nationalgalerie gewählt, weil sie 2026 ihr 150-jähriges Bestehen feiert. Die seit März amtierende Direktorin Anette Hüsch verbindet das Jubiläum mit einer anderen runden Jahreszahl, dem 100. Todestag von Paul Cassirer und dessen Würdigung (22. Mai bis 27. September). Der Kunsthändler beförderte maßgeblich den Durchbruch des Impressionismus in Deutschland. Allein in der Alten Nationalgalerie gehen heute über sechzig Provenienzen auf seinen Kunstsalon zurück, erklärte Annette Hüsch. So erwarb der damalige Direktor Hugo von Tschudi 1906 bei ihm jenen „Sommer“ von Monet, heute ein Hauptwerk der Alten Nationalgalerie.
Unter dem sehr weiten Überbegriff „Welt und Stadt“ passten zu Cassirer irgendwie auch die nächsten Ausstellungen von Staatsbibliothek und Museum Europäischer Kulturen. Die Staatsbibliothek feiert „100 Jahre Fotografie und Presse“ (12. Juni bis 20. Dezember) und schaut insbesondere auf den Beitrag der Fotografinnen. Das mitgebrachte Bild einer auf einem Kran stehenden Fotografin aus dem Jahr 1909, die von oben den Bau der Berliner Stadthauses aufnimmt, gibt eine Ahnung davon, was sie wagten.

© Foto: VG Bild-Kunst, Bonn, 2021
Frauen stehen auch im Fokus des Museums Europäischer Kulturen, wenn es unter dem Titel „Schwerer Stoff“ (24. April bis 9. August) zwanzig Kleiderensembles von Donauschwäbinnen zwischen 1880 und 1990 vorstellt: Arbeitskleidung, Totengewänder, Mädchentrachten, die durch ihre Stofffülle erstaunlich gewichtig sind.
Neue Nationalgalerie, Kunstgewerbemuseum und Hamburger Bahnhof feiern im kommenden Jahr dagegen Künstlergrößen. Im Mies van der Rohe-Bau wird Constantin Brancusi erstmals in einer umfassenden Werkschau seit fünfzig Jahren in Deutschland zu sehen sein, nicht zuletzt dank der Sanierung des Centre Pompidou in Paris (20. März bis 9. August).

© Foto: Centre Pompidou, MNAM-CCI/Georges Meguerditchian/Dist. GrandPalaisRmn, © Succession Brancusi. - All rights reserved / VG Bild-Kunst, Bonn 2025
Durch die temporäre Schließung bekommt die Neue Nationalgalerie über 150 Skulpturen, Fotografien, Zeichnungen und Filme des rumänischen Bildhauers geliehen, der die skulpturale Abstraktion vorantrieb. In der oberen Halle wird erstmals außerhalb von Paris das rekonstruierte Atelier des Künstlers zu sehen sein, eine kleine Sensation für die Bundesrepublik, denn in Frankreich ist der Künstler ein Heros, in Deutschland dagegen immer noch vielen nicht bekannt.
Eine Französin holt sich auch der Hamburger Bahnhof, um sein dreißigjähriges Bestehen zu feiern (13. November bis 2. Mai 2027). Damit bekommt Sophie Calle nach 2004 im Gropius Bau bereits ihre zweite Retrospektive in Berlin, diesmal mit einem auf den Hamburger Bahnhof zugeschnittenen Werk, das Paris und Berlin verbindet. In den späten 1970er Jahre hatte sich die Künstlerin für ihre Recherchen ins Gebäude des heutigen Musée d’Orsay eingeschleust, das zuletzt als Hotel genutzt wurde. Wie das Berliner Nationalgalerie der Gegenwart wandelte sich auch dieser ursprüngliche Kopfbahnhof in einen Ort der Kunst.
Eine Zeitreise tritt ebenfalls das Kunstgewerbemuseum an mit seiner Retrospektive des dänischen Architekten und Designers Verner Panton, der mit seinen bunten Kunststoffmöbeln das Lebensgefühl der 1960er Jahre prägte (13. November bis 23. Mai 2027). Unter dem Titel „Power, Pop und Plastik“ stellt es vor, was zum Ende der „guten Stube“ führte. Mit einem „Statementpiece“ für die eigene Wohnung, so Direktorin Sibylle Hoiman, zog neues Leben ein.
Als Kostprobe hatte sie Pantons Eistütensessel auf seinem unten spitz zulaufenden Drahtgestell mitgebracht. Gleich neben den Gemälden von Karl Friedrich Schinkel aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Romantikersaal der Alten Nationalgalerie bildete er den größtmöglichen Kontrast. Wie die Präsentation des Jahresprogramms mit neuer Stiftungspräsidentin vermittelte auch Pantons poppiges Möbel das Gefühl, als würde hier Staub weggeblasen.
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