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Berlin ist voller Parallelwelten. Kann man die in Zeitfenster pressen?

© Michael Kappeler/dpa

Manila als Vorbild für Berlin: Die ganze Stadt im Schichtbetrieb

Um das Verkehrschaos einzudämmen, denkt die philippinische Hauptstadt über Schichtbetrieb nach - Schulen inklusive. Ein Modell auch für Berlin?

Stundenlang im Stau stehen, jeden Morgen und jeden Abend. Tonnenweise Blech, das nicht vom Fleck kommt, 2,5 Millionen Autos täglich. Manche Pendler brauchen drei Stunden pro Strecke – für 30 Kilometer. Eine Abgasglocke, die sich über die Stadt legt. Öffentlicher Nahverkehr als Alternative? Kaum vorhanden.

Eine Untersuchung ergab: Manila ist die schlimmste Stau-Metropole der Welt. „Carmageddon“ nennen das die Einwohner. In Manila ist der Verkehrskollaps prä-apokalyptischer Alltag.

Dagegen hatte nun ein findiger Politiker eine Idee. Schichtbetrieb des öffentlichen Lebens! Banken sollen ebenso 24 Stunden geöffnet haben wie Schulen. Das soll den Verkehr wenigstens zu Stoßzeiten entschärfen.

Die Idee vom Leben in zwei Schichten – auch abseits des Asphalts ein Vorbild für Berlin? Man stelle sich nur mal vor: Unterricht um Mitternacht, dafür gibt’s ein ausgedehntes Nickerchen nine to five – da schlummert Potenzial, aus schlaffen Teenagern ambitionierte Überflieger zu machen. Aber warum erst in der Schule davon profitieren? Kita-Plätze für alle!

Und auch im Berufsleben liegen Chancen. Zum Beispiel könnten sich Firmen ihre Büros teilen. Im DB-Tower würde in den Abendstunden ein ganzes Dutzend Start-ups die Büros nutzen – solche Leute arbeiten ja sowieso nur nachts. Die U8 wäre nach Feierabend weniger stickig und man bekäme einen Sitzplatz sogar zwischen Hermannplatz und Kotti.

Das Mietenproblem wäre über Nacht gelöst

Auf dem Heimweg ein Stopp im Bode-Museum – da ist es nachts sowieso am schönsten und mit 24/7-Besuchern wäre die Goldmünze immer noch da – ehe man früh um drei den vorgestern beantragten Reisepass im Bürgeramt abholt. Noch schnell ein Mitternachtssnack morgens um 10 bei Mustafas Gemüsekebab – ohne lästiges Anstehen. Und wenn schon Büros geteilt werden wie sonst nur Autos und Leihräder, wieso nicht gleich die Wohnung? „Tagesmiete“ würde als Begriff aufgewertet und das Mietenproblem wäre über Nacht gelöst.

Die Idee gab’s zu Beginn der Industrialisierung schon mal, als sogenannte Schlafgänger sich in die Betten der Tagarbeitenden einmieteten – weil Wohnraum unbezahlbar geworden war.

Berlin ist jetzt schon eine Stadt voller Parallelwelten, in der Menschen morgens vor dem Berghain anstehen und um 17 Uhr Rührei frühstücken. Wo die einen in den Tag und die anderen in die Nacht hinein leben. Eine Stadt jedoch zeitlich in zwei Hälften zu zerlegen, das gab es noch nicht. Mit räumlicher Teilung dagegen hat Berlin ja Erfahrung. Das war allerdings eine ziemlich umnachtete Idee.

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