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Kunstwoche Berlin Art Week 2014: Die Keimzellen der Kunststadt

Berlin hat so viele Kunstmessen und Mottowochen, dass alle längst den Überblick verloren haben. Ist die Art Week eine Kunstwoche zu viel? Nein, ist sie nicht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Nicola Kuhn

Berlin Art Week, Gallery Weekend, die Fashion Week, die andauernd umzieht, die Music Week, die jetzt Pop-Kultur heißt – blickt noch jemand durch? Braucht Berlin all diese Themenwochen? Ist das tagtägliche Angebot der Stadt etwa zu schwach, zu weak? Nein, das Gegenteil ist der Fall. Die Berlin Art Week erlebt am heutigen Freitag mit zahlreichen Ausstellungseröffnungen ihren Höhepunkt. Aber hier könnte jede Woche Art Week sein, bei so vielen Künstlern, Galerien, Museen in der Stadt.

Die Bündelung all ihrer Aktivitäten einmal jährlich, mit den Kunstmessen zum Auftakt der Herbstsaison, demonstriert nur unübersehbar, welches Potenzial in der Kunststadt Berlin steckt. Einer Stadt, in der Kunstquartiere ganze Viertel aufmöbeln können – wie jetzt die zum Ausstellungszentrum umgewandelte KindlBrauerei in Neukölln. Und die selber zwar wenig Geld hat, jedoch zahlungskräftige Sammler aus aller Welt anlockt.

Experten attestieren Berlin eine hervorragende kulturelle Infrastruktur

Die Art Week ist mehr als Show, sie ist Notwendigkeit. Vor drei Jahren gab der Wirtschaftssenat den Anstoß, der landeseigenen Kunstmesse Art Forum ein attraktiveres Angebot folgen zu lassen. Erst nach dem Todesstoß für die ungeliebte Messe wurde klar, welche Bedeutung Berlin als Kunsthandelsplatz besitzt. Nun demonstrieren Guido Beermann und Tim Renner Einigkeit. Die Staatssekretäre der Wirtschafts- und der Kulturverwaltung haben erkannt, wie sehr sie einander benötigen. Kunst braucht Kapital, Wirtschaft braucht Kreativität. Renner, der zuvor Musikmanager war, vereint die Gegensätze in seiner Person. Wie viele Arbeitsplätze gibt es im Kreativ- und Tourismussektor? 400 000. Wie hoch ist der Anteil der Touristen, die wegen der Kunst kommen? Auch diese Zahl hat Renner parat: 75 Prozent.

Kultur besitzt die größte Anziehungskraft, auch für Unternehmen, die sich niederlassen wollen. Ihr hochgebildetes Personal will mehr als nur arbeiten am neuen Ort. Die internationalen Experten der Artfinance-Konferenz, die gerade im Tagesspiegel-Gebäude stattfand, attestierten Berlin eine hervorragende kulturelle Infrastruktur, mahnten aber an, die Bedeutung des Marktes für das Beziehungsgeflecht aus öffentlichen Institutionen und privaten Initiativen nicht zu unterschätzen.

Die berufsjugendliche Kunstszene ist erwachsen geworden

25 Jahre nach dem Mauerfall ist die berufsjugendliche Kunstszene erwachsen geworden. Die Pioniergalerien der 90er sind etabliert, so sie die Krisenjahre überstanden haben, viele der damals jungen Künstler sind im Museum angekommen. Galeristen wie Künstler wissen, was sie der Stadt verdanken – als Spielfläche, als Experimentierfeld für die nächste Generation. Deshalb richtet die Art Week das Augenmerk auch auf die Produktionsstätten, die Off-Spaces und Kommunalen Galerien – die Keimzellen der Kunststadt.

Die gegenseitige Versicherung, wie wichtig jeder Player ist, reicht nicht. Ebenso wenig genügt es, die Art Week als Ansammlung von Messen und Events zu präsentieren. 2013 setzten sich die großen Häuser ein Thema, die Zukunft der Malerei. Diesmal fehlt eine inhaltliche Ausrichtung. Wenn die Art Week mehr sein will als ein Partytermin im internationalen Kunstkalender, dann muss sie, gerade im diskutierfreudigen Berlin, auch die Debatte organisieren. Wie sollen wir umgehen mit der Bilderflut? Wie steht’s um die Schönheit, die Formen, die Haltung der Kunst? Wie hält sie’s mit der Politik? Als Stätte der Macher von Kunst ist Berlin etabliert. Auch als Forum für ihre Denker sollte die Stadt Strahlkraft besitzen. Gerade auf der Art Week.

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