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Kultur: Dominik Moll: "Gut ist böse ist gut" - Der Regisseur im Gespräch

Dominik Moll, 1962 als Sohn einer Französin und eines Deutschen im badischen Bühl geboren, lebt heute in Frankreich. Film studierte er an der City University in New York und an der Pariser IDHEC.

Dominik Moll, 1962 als Sohn einer Französin und eines Deutschen im badischen Bühl geboren, lebt heute in Frankreich. Film studierte er an der City University in New York und an der Pariser IDHEC. Den ersten Spielfilm, "Intimité", inszenierte er 1993. Seinen Durchbruch feierte er 1999 mit "Harry, un ami qui vous veut du bien": Der Film erreichte in Frankreich zwei Millionen Zuschauer.

Herr Moll, wir führen dieses Gespräch in Ihrer Vatersprache: deutsch. Sie leben in Frankreich. Fühlen Sie sich als Franzose?

Ich fühle mich als französischer Regisseur. Und auch mehr als Franzose, obwohl ich beide Staatsangehörigkeiten habe. Meine Freundin ist Französin, die spricht überhaupt kein Deutsch, meine beiden Töchter auch nicht. Natürlich bin ich jetzt gespannt, wie mein neuer Film in Deutschland ankommt, gerade in Deutschland.

Ihr Film erzählt von der radikalen Einmischung in ein Familienleben. Gab es dafür einen konkreten Anlass?

Als meine Töchter klein waren, habe ich sehr über den radikalen Wechsel nachgedacht, den Kinder im Leben der Erwachsenen bedeuten. Man hat manchmal überhaupt keine Zeit mehr für sich, man denkt, das wird einem alles zuviel. Wie ist es, wenn man da plötzlich mit jemandem konfrontiert wird, der eine totale Freiheit repräsentiert? Das war der Ausgangspunkt für den Film.

Ihr Held lässt sich dann prompt, ja, auf das Böse ein. Auf den Eindringling.

Das Gute vermischt sich immer mit dem Bösen. Man kann Harry, den "Bösen", auch als ein Spiegelbild des "guten" Michel sehen. Der eine bringt die verdrängten Triebe des anderen nur heraus, er materialisiert sie.

Sie finden das offenbar sympathisch. So, als ob Sie den Bösen richtig mögen.

Na, so böse ist er doch gar nicht. Harry will tatsächlich, wie der Titel sagt, helfen. Wenn er Grenzen überschreitet, auch auf grausame Weise, dann nur mit diesem Ziel. Er macht es nie aus Sadismus. Er muss es machen, das ist halt so (lacht).

Der Film nimmt sich viel Zeit für seine Geschichte. Das ist eher selten heutzutage.

Das entspricht meinem Geschmack und meinem Stil. Es bringt nichts, den Zuschauer nur mit Gewalt schockieren zu wollen. Das ist grässlich simpel. Spannung muss sich langsam aufbauen.

Die ganz schlimmen Szenen passieren off-camera, in Ellipsen.

Wichtig ist im Kino die Vorstellung von etwas, glaube ich. Wie etwas passiert und das auch zu zeigen, zählt weniger. Das heißt aber nicht, dass ich grundsätzlich gegen Gewalt im Kino wäre. In meinem Film ist ja auch Gewalt. Generell denke ich: Besser, die Gewalt ist im Kino als woanders.

Ist Ihr Film ein klassischer Krimi? Sie legen immerhin einige falsche Fährten.

Wirklich? Der Zuschauer weiß doch immer viel mehr als zum Beispiel Michel. Dass man sich Fragen stellt und neugierig ist, das ist natürlich etwas anderes. Das muss sein. Zum Beispiel habe ich kürzlich "Schatten der Wahrheit" mit Harrison Ford gesehen. Der Film ist ja dermaßen vorhersehbar!

Stimmt es, dass das Truffaut-Hitchcock-Buch für Sie der Auslöser war, Filme zu machen?

Tja, wann und warum habe ich überhaupt damit angefangen? Nach dem Abitur habe ich die "Cahiers du cinéma" abonniert. Das war so ein Mythos: Ich habe das gelesen und verstand erst mal gar nichts. Ich musste im Wörterbuch die Wörter nachgucken. Erst später habe ich dieses Truffaut-Hitchcock-Buch gelesen. Das hat mir gezeigt, Filmemachen ist nicht Theorie, sondern Praxis. Die beiden reden wirklich nur über praktische Sachen.

A propos Hitchcock, hat "The trouble with Harry" Sie zu Ihrem Helden inspiriert? Es gibt da ja Ähnlichkeiten. Die Harrys bringen jeweils ein festes Gefüge durcheinander.

Ich kenne den Film natürlich. Ich mag ihn, auch wenn er nicht gerade einer meiner Lieblingsfilme von Hitchcock ist. "Harry" ist für mich eher ein allgemeiner Filmname. Denken Sie an "Dirty Harry", "Deconstructing Harry" und Harry Lime im "Dritten Mann". Der Name Harry ist für mich eine Art Garant für Fiktion.

Wie sind Sie auf Sergi Lopez, den Darsteller des Harry, gekommen?

Der Produzent hatte mir ziemlich viel von Sergi erzählt, aber gedacht hatte er ihn eher für die Rolle seines Gegenübers Michel. Aber mit Sergis spanischem Akzent wäre das für den Plot ein bisschen kompliziert geworden. Andererseits dachte ich: Wenn der Eindringling auch noch ein Ausländer ist, wird das dann nicht zu viel? Aber bei den Tests für Harry zeigte sich schnell, wie wichtig es ist, dass der auch wahnsinnig sympathisch sein muss. Ich wollte nicht, dass man sich gleich sagt: Oje oje, das ist der Bösewicht. Und dafür passte Sergi perfekt. Leute haben ihn nachher sogar gefragt: Wie kommt jemand wie Sie mit so einer Rolle zurecht? Er verblüffte sie und sagte: Stellen Sie sich vor, es hat mir großen Spaß gemacht.

Herr Moll[wir führen dieses Gespräch in]

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