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Kultur: Ein Baumeister der Stalinallee und Bürger in der DDR

Das Märzheft 1955 der Zeitschrift "Deutsche Architektur", des offiziellen Organs der "Deutschen Bauakademie" der DDR, enthielt gleich zwei Geburtstagswürdigungen: eine zum 50. von Hermann Henselmann und eine zum 65.

Das Märzheft 1955 der Zeitschrift "Deutsche Architektur", des offiziellen Organs der "Deutschen Bauakademie" der DDR, enthielt gleich zwei Geburtstagswürdigungen: eine zum 50. von Hermann Henselmann und eine zum 65. Geburtstag von Hans Hopp. Der Hauptbeitrag der Zeitschrift widmet sich der "Schaffung einer nationalen realistischen Architektur". Es ist eines der letzten Hefte, das die "nationale" Bautradition hervorhebt - und unter den "Schöpfern der Stalinallee" namentlich die beiden Geburtstagskinder -; die Wende zur industrialisierten Plattenbauweise ist zwei Jahre nach Stalins Tod bereits beschlossen, die "Vernachlässigung der ökonomischen und technisch-wissenschaftlichen Probleme" bei der bisherigen, aufwändigen Bauweise wird bereits bemängelt. So wirken denn aus der Rückschau auch die beiden Geburtstagswürdigungen wie Zäsuren. Henselmann, der jüngere der Jubilare, war bekanntlich von chamäleonhafter Wandlungsfähigkeit und vermochte die Festlegung auf den "Zuckerbäckerstil" der Stalinallee bald abzustreifen. Hans Hopp hingegen geriet ins Abseits. Als Architekt traditioneller Prägung entwarf er noch den ein oder anderen "gesellschaftlichen Sonderbau", nahm auch an der Planung der "Hauptstadt der DDR" teil, erhielt aber fortan keine Aufträge mehr. 1971 ist er 81-jährig gestorben.

Der 9. Februar ist sein Geburtsdatum (1890), und so fand an diesem Abend in der Architektenkammer Berlin die Vorstellung einer ersten Monografie über Hans Hopp statt. Der Ort hätte treffender nicht gewählt werden können, residiert die Kammer doch in der vormaligen Stalinallee. Sie ist, wenn auch von verschiedenen Architekten und ihren "Kollektiven" entworfen, in ihrem einheitlichen Erscheinungsbild das bei weitem bedeutendste Baudenkmal der DDR. Neben Henselmann und dem "Bauhaus"-Schüler Richard Paulick ist Hopp der namhafteste der an der Stalinallee beteiligten "Projektanten". Gleichwohl ist er nahezu in Vergessenheit geraten; sein Werk liegt, wie der aus der DDR stammende Bauhistoriker Bruno Flierl bei der Buchvorstellung sagte, außerhalb des heutigen Interesses. Flierl zählte eine Fülle von Personen auf, für die vergleichbare monografische Darstellungen, wie sie jetzt Gabriele Wiesemann zu Hopp vorlegt, fehlen: Collein, Leucht, Souradny - Namen, die auch in der DDR bereits längst verblasst waren, weil ihre Arbeiten als unbezahlbare Jugendsünde des "Arbeiter- und Bauernstaates" abgetan worden waren.

Hans Hopp war knapp 60, als die DDR gegründet wurde, und hatte ein reiches µuvre vorzuweisen - allerdings unerreichbar in Königsberg gelegen, wo er in den zwanziger Jahren zahlreiche Bauten in den Formen jener "anderen Moderne" errichtete, die mittlerweile deutlicher neben der des "neuen bauens" steht. Für die junge DDR war Hopp eine wichtige Figur, Repräsentant der "bürgerlichen Intelligenz", die an den sozialistischen Staat gebunden werden sollte, der ihrer Kenntnisse und Mitarbeit dringend bedurfte. Diese Rolle, und das hebt seinen späten Lebensweg über die bloße Architektenbiografie hinaus, spielte Hopp perfekt. Als Mitglied der "Deutschen Bauakademie" und Präsident des "Bundes Deutscher Architekten" in der DDR sollte er "vor allen Dingen auch die Verbindung mit den Kollegen im Westen unseres Vaterlandes herstellen, um die kulturelle Basis für die Einheit Deutschlands (...) zu verbreitern", wie es seinerzeit hieß. Mit Auszeichnungen wie dem "Nationalpreis" reich bedacht, steht Hopp in seinem Berufsfeld für den gesamtdeutschen Anspruch der frühen DDR, der sich baulich in Gestalt der "nationalen Traditionen" äußerte. Ob Hochschule für Körperkultur in Leipzig (1950/58), Kulturhaus der Maxhütte Unterwllenborn (1951/55) oder Tbc-Heilstätte Bad Berka (1951/57), überall suchte Hopp eine Synthese akademischer Entwurfsprinzipien mit Formen der regionalen Baugeschichte.

Hopps µuvre ist Vergangenheit, aber seine öffentliche Rolle in den frühen Jahren der Teilung verdient die Aufmerksamkeit, die ihm mit der jetzigen Veröffentlichung zuteil wird: als ein typischer Lebensweg im Auf und Ab der deutschen Geschichte.Gabriele Wiesemann: Hanns Hopp 1890 - 1971. Königsberg, Dresden, Halle, Ost-Berlin. Thomas Helms Verlag, Schwerin 2000, 312 Seiten mit 230 Abbildungen, geb. 128 DM.

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