zum Hauptinhalt
Fräuleinwunder. Heidelinde Weis macht Jagd auf Männer.

© M-Classics/UCM

„Die Tote von Beverly Hills“ auf DVD: Ein Film, der sämtliche Konventionen brach

„Die Tote von Beverly Hills“ zeigte dem westdeutschen Publikum in den 60ern den Klimbim von Hollywood. Der Film gilt als Klassiker - der ungewöhnlichen Sorte.

Los Angeles, das legendäre Chinese Theatre: Eine Filmpremiere steht an. Klausjürgen Wussow flaniert vorbei, Heidelinde Weis, auch die Kessler-Zwillinge. Augenzwinkernde Sprüche links und rechts, Wolfgang Neuss führt durch die Parade. Dass sich hier nicht gerade Hollywoods Prominenz versammelt, verraten schon die wenigen Schaulustigen. Am roten Teppich sind die deutschen Unterhaltungsprofis unter sich.

Im Kino läuft die Premiere des Films, dem die Zuschauer gerade beiwohnen, „Die Tote von Beverly Hills“. Was in Los Angeles nach Traumfabrik-Kolportage klingt, versprach dem westdeutschen Kinopublikum 1964 ein wenig Thrill und Glam aus der Welt der Reichen und Schönen vom anderen Ende der Welt.

Deutsche Gesichter in ungewohnter Umgebungen: Im Edgar-Wallace-geschulten Kino der jungen Bundesrepublik ist das ebenso wenig eine Seltenheit wie das schelmische Spiel mit verschiedenen Filmebenen.

Aber Regisseur Michael Pfleghar und der Berliner Produzent Hansjürgen Pohland, der 1962 das Oberhausener Manifest mitunterzeichnet hatte, belassen es nicht bei onkeligen Publikumsansprachen, sondern biegen und brechen am laufenden Meter sämtliche filmische Konventionen. Und nehmen dabei nicht nur den US-Jetset, sondern insbesondere auch die Erwartungen an den deutschen Kommerzfilm jener Jahre aufs Korn.

Der Plot ist Nebensache. Die Leiche der jungen Lu (Heidelinde Weis) wird in den Hügeln von Beverly Hills gefunden, der Detektiv Ben (Wolfgang Neuss) muss den Mordfall klären. Unter Tatverdacht steht der von Klausjürgen Wussow gespielte Playboy C. G., eine Anspielung auf Curt Goetz, von dem die Vorlage stammt. Wertvolle Hinweise verspricht Lus Tagebuch, in dem die 17-Jährige ihre amourösen Verstrickungen schildert, die sie aus der deutschen Provinz in die Schickeria von Beverly Hills geführt haben.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Männer sprechen über eine Frau, die über Männer schreibt, die auf Frauen blicken. In Rückblenden, die Lus Liebesleben illustrieren, findet der Film vom Krimi-Plot unter Kaliforniens Sonne zum eigentlichen Thema: den Anspannungen zwischen den Geschlechtern, die in den 60ern noch um einiges mehr müffeln als heute.

Lu, anfangs noch züchtig bedeckt und in Liebesdingen naiv, entdeckt bald die Gier des männlichen Blicks, den sie mit immer leichterer Kleidung für sich auszunutzen weiß. Die Liebhaber werden älter, der Lebensstandard höher, bis sich die Pools in Hollywood als Haifischbecken entpuppen.

Der deutschen Softsexwelle der 70er wäre dieser Stoff eine schmierige Nummernrevue wert gewesen. Doch „Klimbim“-Produzent Pfleghar und Pohland machen daraus eine böse Satire auf eine damals kaum hinterfragte Altherren-Mentalität, die bei Hitchcock den 50 Jahre alten James Stewart neben die halb so alte Kim Nowak stellte und sich später genüsslich Schulmädchen-Reporte ausmalte.

Im Grunde beruht „Die Tote von Beverly Hills“ auf der Formel: Papas Kino minus piefige Mehlspeisigkeit plus Neuer Deutscher Film minus Oberseminar.

Zwischen diesen Polen des BRD-Kinos wirkt der Film wie ein irrlichternder Solitär mit Freude am Spiel mit filmischen Formen und Tonfällen. Mal erinnert er an eine ausgelassene osteuropäische Komödie, dann wieder an die Nouvelle Vague, schließlich an die lässigen Pop-Art-Komödie jener Zeit.

Dass er als einer der schönsten deutschen Farbfilme der 60er über weite Strecken in Schwarz-Weiß gedreht ist, gehört dabei zum Programm, ständig Erwartungen zu unterlaufen.

Der Film lief damals in Cannes, der „Spiegel“ berichtete über die haarsträubenden Dreharbeiten. Schule machte er dennoch nicht, Pfleghar endete mit Klamauk beim Fernsehen. Zu lange war „Die Tote von Beverly Hills“ nur unter Filmarchäologen bekannt. Das wird sich nun dank einer schönen Wiederveröffentlichung hoffentlich ändern.
DVD/BluRay erschienen bei M-Square Classics/UCM

Thomas Groh

Zur Startseite