zum Hauptinhalt
East Side Story – A German Jewsical 
Gorki Theater
Regie: Lena Brasch

© Esra Rotthoff

Ein Musical? Ein Jewsical!: Lena Brasch zeigt East Side Story am Gorki

Regisseurin Lena Brasch erzählt mit „East Side Story – A German Jewsical“ von der Rückkehr einer jüdischen Familie nach Ost-Berlin. Ein Stück jüdische Geschichte im Musical-Stil.

Stand:

Gut Ding will Weile haben. Vor etwa 16 Jahren trafen Lena Brasch und Juri Sternburg erstmals aufeinander. „Ich muss so 16 gewesen sein“, erinnert sich Brasch.

Es war eine Art Treffen der Ostberliner Kulturdynastien. Brasch ist Enkelin des früheren DDR-Vizekulturministers Horst Brasch und Nichte des Dichters und Filmemachers Thomas Brasch. Sternburg ist ein Urenkel des einstigen DT-Intendanten Wolfgang Langhoff und Enkel und Großneffe der Regisseure Matthias und Thomas Langhoff. Da prallt also Theatergeschichte aufeinander.

Brasch und Sternburg sahen sich damals allerdings als etwas anderes – als „junge linke Generation, die auch so ein bisschen von der Straße kommt“, sagt Brasch. „Ich hatte viel mit Graffiti zu tun, Juri genauso. Wir waren zwar nicht gerade bildungsfern, haben uns aber nicht immer in dieser totalen Kunstelite aufgehalten.“

16 Jahre und ein paar erfolgreiche Inszenierungen später kommt es nun zum gemeinsamen Projekt. „East Side Story – A German Jewsical“ heißt das Stück, das am Gorki herauskommt. Sternburg, der preisgekrönte Theaterstücke und Drehbücher verfasst hat, zuletzt zu den Serien „Asbest“ und „Die Zweiflers“, schreibt den Text. Brasch inszeniert.

Der Titel war zuerst da. „Juri und ich haben irgendwann gedacht: Jewsical – Musical, das wäre doch witzig. Und da müssen wir ein Stück über jüdische Geschichte mit viel Musik machen“, sagt Brasch. Genauso geschah es.

Sternburg schöpfte beim Schreiben viel aus der Familiengeschichte der Langhoffs und der Braschs. Beides jüdisch-kommunistische Familien, die während der Nazizeit flüchteten und nach Kriegsende nach Deutschland zurückkehrten, mit der Hoffnung, ein besseres Land aufzubauen.

Im Stück gehe es „um zwei jüdische Schwestern, die nach dem Zweiten Weltkrieg mit ihren Eltern aus dem Exil zurück nach Ost-Berlin kommen“, erzählt Brasch. Die eine Schwester ist vom sozialistischen Aufbaugeist geprägt, die andere will vor allem leben und sich selbst verwirklichen und landet später als Sängerin in New York.

Erzählt mit ihrer Inszenierung ein Stück jüdische Geschichte: Lena Brasch

© Anna Tiessen

Bei der Ankunft in Berlin liegt die Stadt aber immer noch in Trümmern. Der Vater möchte als Kulturfunktionär im Osten den Genossen ein guter Gastgeber sein: Die Töchter frequentieren deshalb den Schwarzmarkt und müssen sich in einer Gesellschaft der Täter zurechtfinden.

„Diese Frauen, diese Familie hat unendlich viel Schmerz und Verlust erlitten. Sie darf zurück in ihre alte Wohnung. Doch sie haben nicht einmal Geschirr, weil sich sogar das ihre Nazi-Nachbarn unter den Nagel gerissen haben“, beschreibt Brasch die ersten Szenen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Der Bilderreigen setzt sich bis ins Jahr 1991 fort. Und wie es die Anlehnung an die „West Side Story“ schon impliziert, werden größere Teile der Geschichte auch mit Liedern und Tänzen erzählt.

„Wir haben 16 Songs insgesamt, alle von Paul Eisenach geschrieben. Wir haben Choreografien und zwölf Leute auf der Bühne, eine vierköpfige Band und ein achtköpfiges Ensemble. Das ist schon eine große Nummer“, freut sich Brasch.

Brasch geht es dabei vor allem um die Frage, warum Menschen in ein Land zurückgehen, in dem sie einst verfolgt wurden. „Warum geht man in dieses Land zurück, das einen so behandelt hat, das eine Zeit lang auch wie eine Ausgeburt des Bösen war? Und die kämpfen jetzt darum, dass es ein besseres Land wird“, sinniert Brasch.

Und nicht nur ihr kommt angesichts des aktuell aufflammenden Faschismus und Nationalismus der Gedanke, dass in der Rückschau dieses „Jewsicals“ auch Züge einer neuen, eher dunklen Zukunft liegen könnten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })