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Markenzeichen: Das Berliner Ensemble am Schiffbauerdamm.

© dpa/Hannes P Albert

Farce um das Berliner Ensemble: Der Pachtvertrag läuft aus

Die Eigentümerin der Immobilie erklärt die Gespräche für gescheitert. Der Senat sagt, es wird weiter verhandelt. So könnte es teuer werden.

Rüdiger Schaper
Ein Kommentar von Rüdiger Schaper

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Kürzlich erst hat die Kulturverwaltung den Vertrag mit Oliver Reese bis 2032 verlängert. Er soll langfristig das Berliner Ensemble leiten, das gerade einen neuen Besucherrekord vermeldet.

Nicht so erfreulich ist die Sache mit der Ilse-Holzapfel-Stiftung. Ihr gehört das Gebäude, in dem das BE zuhause ist. Nach der Wende hatte der Dramatiker Rolf Hochhuth die Stiftung gegründet, um an die Opfer des Holocaust zu erinnern, am besten mit Stücken von Rolf Hochhuth. Der kürzliche verstorbene BE-Direktor Claus Peymann stritt sich zur Sommerzeit mit Hochhuth immer wieder vor Gericht. Es waren Schaukämpfe von Thomas-Bernhard’scher Klasse, sehr unterhaltsam.

Schaukämpfe zwischen Hochhuth und Peymann

Es gibt einen Pachtvertrag der Holzapfel-Stiftung mit dem Land Berlin, der Ende 2027 ausläuft. Und es gibt wieder Streit. Die Verhandlungen um die Verlängerung oder einen neuen Vertrag kommen offensichtlich nicht voran. Alles ok, sagt die Kultursenatorin Sarah Wedl-Wilson. Mike Wündsch, der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, macht Alarm. Die Stiftung will mehr Geld, den Vertrag nur mit einer höheren Pacht verlängern. In der „Berliner Zeitung“ sagte Wündsch: „Es ging um weniger als Peanuts, aber das, was die Senatsverwaltung uns angeboten hat, dient nicht mal als Diskussionsgrundlage.“

Angeblich bemüht sich Wündsch bereits um eine alternative Bespielung des Theaters am Schiffbauerdamm ab 2028. Das Schicksal des BE scheint ihn nicht zu interessieren. Doch ganz so dramatisch, wie die Sache dargestellt wird, ist es wohl nicht.

Erst das Fressen, dann die Moral

Denn schon die bauliche Situation ist kompliziert. Kantine, Probebühne, Teile des Grundstücks gehören dem Land Berlin, nicht der Holzapfel-Stiftung. Dann müsse man Wasser- und Stromleitungen voneinander trennen, sagt Wündsch. „Da ist jetzt schon die Zeit knapp.“ So abenteuerlich das klingt, so klar ist auch: Die beiden Parteien sind aufeinander angewiesen. Und es ist schwer vorstellbar, dass Berlin sein berühmtestes Theater aufgibt zugunsten einer Stiftung, die mit ihren kulturellen Qualitäten kaum aufgefallen ist.

Der Senat hat am Dienstag bestätigt, dass die Verhandlungen laufen. Darauf verweist jetzt auch noch einmal das BE. Die Ilse-Holzapfel-Stiftung behauptet das Gegenteil. Es ist Sommer. Die Theaterleute sind in den Ferien. Danach muss eine Lösung gefunden werden, die von Dauer ist und den Senat nicht erpressbar macht. Wie heißt es in der „Dreigroschenoper“, 1928 dort am Schiffbauerdamm uraufgeführt: „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral“.

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