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Kultur: FILMBUCH

Thomas Mann war ein begeisterter Kinogänger. In seinem Tagebuch verwendete er gerne die altertümliche Wendung „Moving“, eine bezeichnende Wortwahl: Der Literaturnobelpreisträger wollte sich von Filmen emotional bewegen lassen.

Thomas Mann war ein begeisterter Kinogänger. In seinem Tagebuch verwendete er gerne die altertümliche Wendung „Moving“, eine bezeichnende Wortwahl: Der Literaturnobelpreisträger wollte sich von Filmen emotional bewegen lassen. Für die höhere Filmkunst von „Kinder des Olymp“ bis Kurosawas „Rashomon“ hatte er wenig übrig, er bevorzugte Abenteuerfilme wie „Jungle Book“ oder Action wie im Erdbebenfilm „San Francisco“ und war Walt-Disney-Fan. Noch in der Schweiz ließ er sich, ein Indiz der Nostalgie, von Ufa-Filmen rühren. Nachdem er den Seefahrerfilm „Abel mit der Mundharmonika“ gesehen hatte, befand er sich in einem „argen Erregungs- und Erschöpfungszustand, den ich mit einer Tablette Phanodorm besänftigte“. Schuld waren die „anziehenden“ Männerkörper der jungen Darsteller.

Thomas Mann im Kino heißt ein Buch, das eine Fülle solcher Details versammelt. Der Titel verweist auf eine Doppelstrategie: Dem Autor Peter Zander geht es in seiner erhellenden Studie um Thomas Mann als Kino-Konsumenten, vor allem aber darum, wie dessen Bücher zu Kino wurden. In den Zwanzigerjahren versuchte sich Mann selber, ohne Erfolg, als Drehbuchautor, als er im US-Exil von Princeton in die Nähe von Hollywood zog, bekundete er: „Das Movie-Gesindel ist mir im Grunde lieber“. Seine „Buddenbrooks“ wurden zum ersten Mal 1923 verfilmt, die Defa inszenierte „Lotte in Weimar“ „gegen den Strich“, Viscontis „Tod in Venedig“ ist ein in Musik schwelgendes Kino-Monument. Doch eine besondere Nähe zu Mann empfand das deutsche Kino der Adenauer-Ära, das „das Große als etwas Absolutes begriff“.

„Königliche Hoheit“ spannte Dieter Borsche und Ruth Leuwerik zum Adelspaar zusammen, „Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ mit Horst Buchholz feierte Übermut und Aberwitz. Thomas Mann freute sich über die Tantiemen und schickte Tochter Erika zur Überwachung der Dreharbeiten. In den „Buddenbrooks“ von 1959 ist sie zu hören: als krächzender Papagei beim Zahnarztbesuch des Konsuls.

— Peter Zander: Thomas Mann im Kino 304 Seiten, 207 Fotos, Bertz + Fischer, Berlin 2005, 25 €.

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