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Beate Gütschow arbeitet mit digital bearbeiteter Landschaftsfotografie.

© Anke Illing

Fotografin Beate Gütschow: „Im Sommer trocknen mir die Motive weg“

Ist die Fotografie Komplizin oder Mitverursacherin in der Klimakrise? Beate Gütschow über mahnende Bilder und Widersprüche im künstlerischen Handeln.

Frau Gütschow, Sie arbeiten als Fotografin und sind gleichzeitig Klimaaktivistin. Auf welche Weise engagieren Sie sich?
Ob ich mich als Aktivistin bezeichnen würde, weiß ich gar nicht. Es gibt immer Menschen, die mehr tun. 2019 habe ich mich als Bürgerin entschlossen, nicht mehr nur zuzuschauen. Ich bin auf Demonstrationen dabei, unter anderem in Lützerath und auch beim G7-Gipfel.

Wie fand dieses Engagement Eingang in Ihr Werk?
Vor anderthalb Jahren habe ich gemerkt, dass ich meine künstlerische Arbeit als zu entkoppelt empfand. Ich fühlte mich fremd in ihr. Da wurde mir klar, dass sie sich genauso mit dem Thema Klimaschutz beschäftigen muss. Da ich sowieso in Serien arbeite, ist es für mich natürlich, ein Thema abzuschließen und danach einen Cut zu machen. So kam es damals zum Neuanfang mit besagtem Schwerpunkt.

Bei Ihnen setzte also auf beiden Ebenen ein Umdenken ein. Wie schlug sich das in Ihrem Alltag nieder?
Ich habe das gemacht, was alle tun, die anfangen, sich wirklich Scheißsorgen zu machen. Man beginnt, über den eigenen ökologischen Fußabdruck nachzudenken – und dann merkt man ganz schnell, dass das nicht reicht.

Was braucht es stattdessen?
Den größten Impact hat das Handeln auf politischer Ebene. Das bringt viel mehr als jede persönliche Einsparung – die natürlich auch super ist, da will ich gar nicht dagegen argumentieren. Zum politischen Handeln bin ich aus einem ganz persönlichen Gefühl heraus gekommen: Meine letzte Foto-Serie vor der Neuausrichtung hat sich mit Parkanlagen beschäftigt. Diese Anlagen trockneten mir im Sommer 2019 derart weg, dass meine Motive plötzlich kaputt waren.

Beim European Month of Photography haben Sie in einer Diskussionsrunde über den Zusammenhang von Fotografie und Klimakrise gesprochen. Was sind die problematischen Faktoren?
Das ist die gleiche Frage wie im Privaten: Soll ich als Künstlerin auf die eigenen Verbräuche schauen oder auf die politischen Rahmenbedingungen? Natürlich ist das ein zu großer Widerspruch, wenn man als Künstlerin dieses Thema adressieren will und dann selbst extreme Verbräuche hat. Infolgedessen habe ich versucht, diesen Widerspruch in meiner eigenen Arbeit kleinzuhalten.

Wie gelingt Ihnen das?
Ich bewege mich, wenn ich arbeite, komplett mit Bahn oder Fahrrad und fotografiere nur digital. Außerdem produziere ich meine Arbeiten auf Plakatpapier. Daher haben sie überhaupt keinen Impact im Transport. Sie können abgerissen und recycelt werden. Das ist alles relativ ressourcenreduziert, hat aber auch Haken.

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Welche denn?
Zum Beispiel haben Institutionen [mit denen man zusammenarbeitet, Anm. d. Red.] mitunter falsche Sponsor:innen. Wenn man die RWE als Sponsorin hat, und dann auf Plakatpapier druckt, dann ist das natürlich die falsche Maßnahme. Es ist aber auch so, dass die Fotografie selbst extrem ressourcenstark ist: die Herstellung der Kameras, die ganze Infrastruktur dahinter von Software bis Server. Doch all das findet meistens in anderen Ländern statt, oft im globalen Süden. So kriegen wir die lokalen Schäden, die diese Extraktionen verursachen, leider nicht mit.

Wenn man diesen Hintergrund kennt und auch entsprechende Schlussfolgerungen für die eigene Arbeit als Fotografin ziehen will: Wie zeitgemäß sind Ausstellungen dann noch?
Ich bin da total unsicher. Und doch glaube ich, dass die Kunst eine Aufklärungsrolle hat. Vor allem, damit die Dinge emotional erfahrbar werden. Das ist für die Kommunikation über die Klimakrise extrem wichtig.

Wie kann diese Kommunikation aussehen?
Die Trauer, die ich empfinde, wenn ich sehe, dass mein Motiv kaputt ist: Das kann ich natürlich ganz anders transportieren, als wenn Sie für den Tagesspiegel etwas darüber schreiben müssten. Auch die Wissenschaft sagt, dass sie das einfach nicht vermittelt kriegt. Wir als Künstlerinnen hingegen haben den Vorteil, sehr persönlich berichten zu dürfen. Das ist eine irre Möglichkeit in der Kommunikation.

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