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Opfer von Vorurteilen. Als Jugendlicher wurde Tammy Davis oft wegen seiner Hautfarbe von der Polizei durchsucht und gefragt, ob er Drogen bei sich habe.

© privat

"Born to Dance" bei der Berlinale: Geboren, um zu drehen

Der Neuseeländer Tammy Davis präsentiert in der Generation sein Langfilmdebüt „Born to Dance“. Dafür hat er der einstige Serienstar der Schauspielerei erst einmal den Rücken gekehrt.

Oft sind es die einfachen Fragen, die einen ins Grübeln bringen. „Was ist dein Verhältnis zu deiner Arbeit? Was ist dein Verhältnis zu diesem Film?“, wollte der Mann auf der anderen Seite des Pazifiks wissen. Tammy Davis hatte keine Antwort. In Neuseeland inszenierte er damals „Born to Dance“, seinen ersten Langfilm. Weil er Unterstützung brauchte, hatte er einen Regie-Mentor in Los Angeles angeschrieben. „Wenn du nicht weißt, was dich mit dem Film verbindet, solltest du ihn nicht machen“, warnte der Coach beim Skype-Gespräch. Davis begann nachzudenken.

Davis will Vorurteile aufbrechen

Am Samstag feierte der Tanzfilm „Born to Dance“ Europapremiere im Haus der Kulturen der Welt auf der Berlinale. Einen Tag vorher sitzt Tammy Davis im Foyer eines Hotels in Berlin-Mitte. Der 40-Jährige ist seit vier Uhr wach, konnte nicht schlafen, hat geschrieben. Die Arbeit als Drehbuchautor und Regisseur ist noch ungewohnt für ihn. Den Großteil seiner Karriere hat Davis als Schauspieler bestritten.

In Neuseeland kennt man den Maori mit dem jungenhaften Grinsen vor allem aus der Erfolgsserie „Outrageous Fortune“. Davis spielte darin den sympathischen Kleinkriminellen „Munter“. „Munter raucht zwar Gras und stiehlt, aber das heißt ja nicht, dass er sich nicht weiterentwickelt“, sagt Davis. Dennoch störte es ihn, dass er als Schauspieler immer die Visionen anderer verkörperte. Seine Rollen wirkten oft stereotyp und spiegelten die Vorurteile wider, die Drehbuchautoren gegenüber jungen indigenen Männern hatten. „Mir wurde klar: Wenn ich diese Vorurteile aufbrechen will, dann muss ich die Rollen selbst schreiben.“

Tammy Davis spricht am Set mit den Darstellern Tia-Taharoa Maipi (rechts) und Jordan Vaha'akolo (Mitte)
Tammy Davis spricht am Set mit den Darstellern Tia-Taharoa Maipi (rechts) und Jordan Vaha'akolo (Mitte)

© Promo

Der Film ist auch autobiografisch

In einem Schreibworkshop entwickelte er die Idee zum Kurzfilm „Ebony Society“, der 2011 auf der Berlinale lief. Zwei indigene Jugendliche brechen zur Weihnachtszeit in ein Haus ein, doch anstatt es auszuräumen, kümmern sie sich schließlich rührend um zwei Kinder, die dort alleine geblieben sind. „Ich wollte die Stereotypen auf den Kopf stellen und zeigen: Nur weil du klaust, bist du nicht unbedingt ein schlechter Mensch.“

Der Film ist auch autobiografisch. „So waren meine Freunde und ich“, sagt Davis und grinst. Ständig in Schwierigkeiten, auf Kriegsfuß mit dem Gesetz. „Ich habe mit den falschen Leuten abgehangen.“ Gleichzeitig bekam auch er Vorurteile zu spüren: Wegen seiner Hautfarbe wurde er öfter als andere aus dem Verkehr gezogen, durchsucht und gefragt, ob er Drogen bei sich habe.

Tammy Davis mit Schauspieler Tia-Taharoa Maipi.
Tammy Davis mit Schauspieler Tia-Taharoa Maipi.

© Promo

Wer „Ebony Society“ sieht, fragt sich unweigerlich, was dieser unscheinbare Kurzfilm mit dem durchgestylten Tanzfilm „Born to Dance“ zu tun hat. Darin kämpft der Maori-Junge Tu (Tia-Taharoa Maipi) darum, in die beste Hip-Hop-Crew des Landes aufgenommen zu werden. In nur einem Sommer muss er demonstrieren, was in ihm steckt, sonst schickt ihn sein Vater zur Armee. Der Film zeigt perfekte Choreografien in einer berechenbaren Storyline.

Davis sagt, er habe das Angebot, „Born to Dance“ zu inszenieren, vor allem deshalb angenommen, weil er Drehbuchautor Hone Kouka sehr bewundere. „Aber dennoch gibt es Parallelen: Die Jugendlichen wollen in ,Ebony Society‘ wie auch in ,Born do Dance‘ einen Neuanfang, sie wollen ausbrechen aus ihrem Leben.“

Vielleicht wollte auch Davis ausbrechen. Seit „Born to Dance“ stand er nicht mehr vor der Kamera. Wenn er vom Regieführen und Drehbuchschreiben spricht, wirkt er beinahe aufgeregt, dankbar, dass er diese Arbeit machen kann.

"Ebony Society" musste er erst reifen lassen

Derzeit arbeitet er an einem neuen Drehbuch. Er will „Ebony Society“ zu einem Langfilm machen. „Als der Kurzfilm fertig war, habe ich ihn gehasst. Ich dachte nicht, dass sich den jemals jemand anschaut. Am liebsten hätte ich ihn gleich gelöscht.“ Doch „Ebony Society“ bekam viel Aufmerksamkeit, der Film lief nicht nur auf der Berlinale, sondern unter anderem auch auf dem prestigeträchtigen Sundance-Filmfestival, auf dem Aspen Sportfest und dem New Zealand International Film Festival. Tammy Davis hat seinen Frieden mit dem Film gemacht, hat ihn reifen lassen und will ihn jetzt noch einmal groß aufziehen. „Ich glaube, ich habe eine einzigartige Perspektive“, sagt er.

Und? Wie hat er am Ende die Frage des Mentors beantwortet? Was verbindet ihn mit „Born to Dance“, mit seiner Arbeit? Davis lacht. Es sei dann doch ganz einfach gewesen. „Der Junge Tu arbeitet hart, um das Beste aus sich herauszuholen. Und ich als Maori-Filmemacher kämpfe auch darum, der Beste zu werden, der ich sein kann.“

15.2., 16.30 Uhr (Cinemaxx 3); 21.2., 15.30 Uhr (Zoo Palast 1)

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