
© Buza Eli Tzoran
Geplante Auszeichnung sorgt für Kontroverse: Kritik und Rückendeckung für ARD-Israel-Korrespondentin Sophie von der Tann
Sophie von der Tann soll für ihre Nahost-Berichterstattung ausgezeichnet werden, erntet jedoch Kritik von pro-israelischer Seite. Der BR und Historiker Meron Mendel stellen sich hinter die Korrespondentin.
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Die geplante Auszeichnung der ARD-Korrespondentin Sophie von der Tann für ihre Nahost-Berichterstattung mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis sorgt für Kontroversen. Von pro-israelischer Seite gibt es Kritik, weil von der Tann angeblich nicht ausgewogen berichte.
Die Journalistin erhält aber auch Rückendeckung, nicht nur von ihrem Sender Bayerischer Rundfunk (BR), sondern auch vom deutsch-israelischen Historiker und Pädagogen Meron Mendel.
Von der Tann soll den prestigeträchtigen Preis für herausragende Leistungen im Fernsehjournalismus am Donnerstag in Köln zusammen mit ihrer BR-Kollegin Katharina Willinger, Leiterin des ARD-Studios Istanbul und Teheran, erhalten. Die 34 Jahre alte von der Tann ist Korrespondentin im ARD-Studio Tel Aviv, von wo sie seit 2021 über den Nahen Osten berichtet.
Schapira wirft ARD und ZDF verzerrte Berichterstattung vor
Zuletzt war sie unter anderem von pro-israelischer Seite als voreingenommen kritisiert worden. Unter dem Titel „Warum Sophie von der Tanns Beiträge zu Nahost nicht preiswürdig sind“ erschien am Dienstag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ ein Gastbeitrag der Journalistin Esther Schapira, die Tochter eines Holocaust-Überlebenden ist.
Von der Tann stehe stellvertretend für die verzerrte Berichterstattung über den Nahost-Konflikt, die ARD und ZDF böten, schreibt Schapira. Zuvor hatte auch der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, von der Tann öffentlich kritisiert und ihr Aktivismus vorgeworfen.
BR-Programmdirektor Thomas Hinrichs stellte sich entschieden vor die Korrespondentin: „Wir betreiben unabhängigen Journalismus im permanenten Bewusstsein unserer Verantwortung. Die Arbeit meiner Kolleginnen und Kollegen unter schwierigen Bedingungen wird gelobt und kritisiert. Damit setzen wir uns auseinander“, sagte er.
„Diffamierungen allerdings untergraben den demokratischen Diskurs und verhindern eine konstruktive Diskussion. Dem treten wir entschieden entgegen.“
„Professionelle Journalistin, die gute Arbeit macht“
Der Direktor der Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank, Mendel, sieht die Nahost-Berichterstattung ohnehin in einem Dilemma. „Sowohl die pro-israelische wie die pro-palästinensische Seite sind in ihren Echo-Kammern verhaftet“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Wenn etwas nicht in die jeweilige Blase einer Seite passe, rege sich dort sofort Empörung. „Dieses Problem bekommen wir nicht gelöst.“
Vor diesem Hintergrund sieht er die Debatte um die Verleihung des Hanns-Joachim-Friedrich-Preises auch eher als ein Symptom der aktuellen Gemengelage. Die Vorwürfe an die Journalistin hält er für nicht gerechtfertigt: „Ich kenne Frau von der Tann persönlich und schätze sie als professionelle Journalistin, die gute Arbeit macht.“
Mendel verweist auf eine Studie des Münchner Kommunikationswissenschaftlers Carsten Reinemann, wonach nur noch jeder vierte Deutsche glaubt, was in den Leitmedien berichtet wird.
Mit Blick auf den Nahost-Konflikt ergebe sich die kuriose Situation, dass der eine Teil der Menschen den Leitmedien nicht glaube, weil sie zu sehr für Israel Partei ergriffen, und ein anderer Teil, weil sie zu sehr pro-palästinensisch berichteten.
„Journalisten, die die schwierige Aufgabe haben, aus Nahost zu berichten, werden diese Menschen deswegen niemals komplett zufriedenstellen können“, sagte Mendel. (epd)
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