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Was machen wir heute?: Geschichte suchen

Wo ist eine Hinweistafel? Dabei hatten es die harmlosen hellen Häuschen aus der Nazizeit in, vor allem aber unter sich.

Wo ist eine Hinweistafel? Dabei hatten es die harmlosen hellen Häuschen aus der Nazizeit in, vor allem aber unter sich. Idyllisch gelegen zwischen der Krummen Lanke und der früheren „SS-Kameradschaftssiedlung“ am winzigen Vierling (-See) beherbergten sie einst Abhöranlagen des Reichsluftfahrtministeriums. Die Gebäude am Wasserkäfersteig waren perfekt getarnt als Einfamilienhäuschen über Bunkeranlagen. Nach dem Krieg diente das Gelände der Aufklärung in gutem Sinne.

In meiner West-Berliner Jugendzeit hörte und las ich oft vom „Berlin Document Center“, das zig Millionen Nazi-Akten beherbergte und eine geheimnisumwitterte Dienststelle der Amerikaner war. Ich stellte mir immer einen größeren Behördenbau vor, streng bewacht und keines Ausflugs wert. Nach dem Besuch einer Ausstellung über das Document Center wurde ich richtig neugierig und erinnerte mich an die Schlagzeilen von 1988, als hier Zehntausende von Akten gestohlen worden waren. Ich nahm mir vor, bei einem Spaziergang nach Spuren zu suchen. Die alten Gebäude sind längst zu richtigen Einfamilienhäusern geworden und stehen unter Denkmalschutz. Die großen Bunkerkeller daneben wurden zur Tiefgarage für eine hübsche Reihenhaussiedlung, ein perfektes Idyll am Waldrand, mit Spielplatz mittendrin. Fast schämte ich mich, hier als Spurensucher der Geschichte herumzuwandeln. Was hätte ich finden können? Im Gebüsch vergilbte Nazi-Akten? Die sind, so heißt es, längst abfotografiert und in Washington archiviert, die Originale seit Mitte der 90er Jahre beim Bundesarchiv gelagert. Vielleicht hätte die Stadt nach dem Abzug der Amerikaner die ganze Anlage mit ihren geheimnisvollen Kellern als Denkmal bewahren sollen. Keine Hinweistafel? Vielleicht steht sie im Verborgenen. Das würde passen. Christian van Lessen

Höchste Zeit: Die Ausstellung „DatenReich im Verborgenen“ ist nur noch bis zum 20. Februar zu besichtigen. Schwartzsche Villa, Grunewaldstr. 55, Steglitz. Dienstag bis Freitag und Sonntag von 10 bis 18 Uhr, Sonnabend 14 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.

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