zum Hauptinhalt
Paul Mescal und Pedro Pascal in „Gladiator II“

© dpa/AIDAN MONAGHAN

„Gladiator II“ im Kino: Kampfaffen unter sich

In der ausgelatschten Fortsetzung seines Erfolgs-Sandalenfilms lässt Ridley Scott wieder ordentlich Blut vergießen. Wofür?

Stand:

Ruhm und Ehre. Ehre und Stärke. Männer wie wir – Wicküler Bier. Huch, die letzte Parole passt nicht … Oder vielleicht doch. Denn die Werte, die in dem neuen Film des fast 87-jährigen „Alien“- und „Blade Runner“-Regisseurs Ridley Scott bis aufs Blut verteidigt werden, sind anachronistische, hohle Haltungen, die viel mit einem bestimmten Männerbild, und wenig mit der Realität zu tun haben.

Der „Gladiator“ mit Russel Crowe bekam fünf Oscars

Nun spielt „Gladiator II“ mitnichten in der Gegenwart, sondern 16 Jahre nach dem Ende vom ersten Gladiator-Monumentalwerk, mit dem Scott im Jahr 2000 den Sandalenfilm per digitaler Elektroschocktherapie wiederbelebte, und für das es bei der Oscarverleihung fünf Auszeichnungen gab, darunter eine für Hauptdarsteller Russell Crowe als Tribun Maximus.

Inzwischen herrschen im um 200 A.D. angesiedelten CGI-Rom der Kintopp-Erzähler David Scarpa (Drehbuch) und Scott gleich zwei irre Caesars auf einmal. Die Brüder Geta (Joseph Quinn) und Caracalla (Fred Hechinger) dienen dem bröckelnden, doch nach wie vor megalomanen „ewigen Reich“, mehr schlecht als recht in einem „Doppelkaisertum“ und schlagen die Zeit mit Brot, Spielen, Wein und dem Blut der anderen tot.

Durch seine brutalen Eroberungszüge zum Volkshelden geworden, ist ihr langer Arm Marcus Acacius (Pedro Pascal). Er konnte bei der letzten Sklavenjagd in Numidien den begabten und furchtlosen Krieger Lucius Verus (Paul Mescal) erbeuten, und will den Trauernden, dessen Frau von Acacius‘ Soldaten ermordet wurde, nun zum Gladiator ausbilden lassen.

Mehrtägige Kämpfe in Rom

Lucius‘ ungewöhnlicher Kampfgeist erregt die Aufmerksamkeit von Ränkeschmieder und Gladiatoren-Zuhälter Macrinus (Denzel Washington) – und es kommt, wie es kommen muss: Lucius wird gezwungen, bei einem mehrtägigen Gladiatorenwettbewerb im römischen Kolosseum seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Es ist also alles wie üblich im Monumentalfilm: Starke Männer, deren einzige Schwäche die Liebe zu einer Frau sein darf (mal ist es eine Geliebte, mal, wie in Lucius‘ Fall, auch eine entfremdete Mutter). Sie zeigen Bein im Römerröckchen, lassen den Bizeps unter dem Harnisch hervorschwellen. Sie beißen die Zähne zusammen, wenn ihnen ein menschlicher Gegner, ein Kampfaffe, ein Rhinozeros oder auch ein Hai die Nase abbeißt. Denn das muss man Scott lassen: Mit diesem Film hat er das Kolosseum zumindest als Kampfbühne nochmal auf ein anderes, nämlich submarines Level gehievt.

In einer teuren Szene meucheln die Crews zweier Kampfschiffe sich in der mit Wasser gefluteten Arena zum Vergnügen der Regenten und des blutdürstigen Volks – und umrahmt von Raubfischen, die jeden, der verletzt vom Schiff purzelt, stante pede zerfetzen. Den letzten beißen buchstäblich die Haie.

Generische Gewalt

Die historische Genauigkeit der vielen Kolosseum-Szenen sei sich geschenkt – wie die riesigen Galeeren in das flache Wasserbett kommen, oder wieso man die Aussagen der Herrscher rein akustisch in der gesamten, offenen, mit zigtausend schreienden Menschen gefüllten Arena versteht, darf ruhig vom Larger-than-life-Narrativ hinweggewischt werden.

Richtig ärgerlich ist dagegen das Generische der Gewalterzählung an sich: Ist das – jetzt durch CGI – exakt dargestellte Abhacken von Körpergliedern, das Durchbohren von Gehörgängen oder das bestialische Erschlagen eines lebenden Menschen wirklich kinematisch so großartig, dass man es zeigen und vor allem sehen will? Was ist der Mehrwert der uralten Mann-will-Rache-Story, wenn die Protagonisten dabei austauschbar bleiben?

Denn Scott und sein Autor Scarpa gestehen ihren Figuren darüber hinaus kaum interessante, motivierende Charakterzüge zu, Humor schon gar nicht, sämtliche Love Interests sind tot. Die einzigen Gefühle, die sie antreiben, heißen Rache, Größenwahn und männerbündnerische Solidarität. Schwächen, Ambivalenzen sucht man vergeblich. Dass die Kaiserbrüder zudem als „weibisch“, nämlich als permanent stark geschminkte, irrationale, mit Schmuck behangene Seelchen konnotiert werden, gibt dem Dicke-Äxte-Spektakel den tumben Rest.

Der pathetische, ideenlose Filmscore tut sein Übriges. Und das eingangs erwähnte Motto „Ehre und Stärke“, das der vom irischen Schauspieler Paul Mescal voller Inbrunst verkörperte Lucius tatsächlich am Ende seinen Männern verklickert, hat noch nie etwas gebracht. Ein solches Motto zu heroisieren, anstatt es zu entlarven, ist die große Schwäche des Films.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })