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So lässt es sich regieren. Mogulkaiser Akbar (1555-1605) mit seinen Ministern in der Gartenkanzlei, Indien, um 1600. Deckfarben und Gold auf Papier.

© Museum für Islamische Kunst, SMB

Miniaturmalerei der Mogulzeit: „Halte ein Fest ab unter blühenden Bäumen“

Zum Frühlingsanfang zeigt das Museum für Islamische Kunst im Pergamonmuseum auf der Museumsinsel den Garten in der Miniaturmalerei.

Üppige Bäume rahmen den Pavillon ein, der erhöht in einem kleinen, aber feinen ummauerten Garten steht. Prächtige Blumen umgeben ihn, ein Brunnen plätschert und spendet angenehme Kühle. Links musizieren vier Männer, ein Diener schenkt ein Getränk ein, ein weiterer macht sich mit zwei Flaschen Richtung Pavillon auf, unter dessen Baldachin Kaiser Akbar (1555–1605) mit seinen Ministern und Dienern sitzt. Wenn es die Witterung zuließ, zog der Kaiser es vor, in der Gartenkanzlei die Staatsgeschäfte zu führen – in angenehmer Umgebung, mit Musik, Trank und erfrischender Kühle durch den Springbrunnen. Das Bild ist ein Meisterwerk indischer Miniaturmalerei aus der Mogulzeit um 1600, von denen das Museum für Islamische Kunst im Pergamonmuseum rund 470 besitzt und nun 25 in der kleinen Kabinettausstellung „Picknick im Park. Gärten in der islamischen Miniaturmalerei“ ausstellt.

Die Kultur des Islam hat die Gartengestaltung im Mittleren Osten maßgeblich beeinflusst, so auch den Garten der Mogulzeit, der wiederum ganz in der persischen Tradition steht. Dort entstand um 850 ein Garten mit einem Kanal als Achsenkreuz, wodurch die Anlage in vier Quadrate geteilt wurde. So zeigt ihn das frühe Bild „Szene im Palastgarten mit Pavillon aus einem persischen Epos“ aus dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts in der Ausstellung.

Dargestellt sind neben den handelnden Figuren – ein Mann hat die Augen verbunden, hinter ihm zückt ein weiterer sein Schwert, während ein dritter in den Garten eindringt –, sehr detailliert und fein gemalt, Narzissen und andere Blumen. In der recht schematischen Darstellung spielt die Kalligrafie noch eine große Rolle, während im 17. Jahrhundert die Beschriftung auf die Rückseite wanderte.

Szene im Palastgarten mit Pavillon aus einem persischen Epos, Indien, letztes Viertel 16. Jahrhundert. Deckfarben und Gold auf Papier. Auf dieser frühen Darstellung ist ganz deutlich die persische Tradition mit dem Achsenkreuz und dem Brunnen in der Mitte zu erkennen.
Szene im Palastgarten mit Pavillon aus einem persischen Epos, Indien, letztes Viertel 16. Jahrhundert. Deckfarben und Gold auf Papier. Auf dieser frühen Darstellung ist ganz deutlich die persische Tradition mit dem Achsenkreuz und dem Brunnen in der Mitte zu erkennen.

© Museum für Islamische Kunst, SMB

Bei den Mogulkaisern war der Garten weniger das Paradies auf Erden im religiösen Sinne, sondern vielmehr Ausdruck der Macht. Und überhaupt, „der Garten war immer ein Teil der islamischen Kunst, ob auf Teppichen, Gefäßen oder Bildern, überall finden sich Blumen und Pflanzen, selbst in steinerner Form auf der Fassade des frühislamischen Schlosses von Mschatta“ sagt Museumsdirektor Stefan Weber. „Die Gärten in der Ausstellung sind nicht die Paradiesgärten des Koran, sondern Ausdruck der Lebensfreude und des Genusses.“ Zu sehen sind unterschiedliche Gartenformen und -nutzungen. Im Mittelpunkt stand der Palastgarten, mit dem der Herrscher seinen Machtanspruch und Reichtum unterstrich. Man wollte seinen Gästen imponieren, ganz ähnlich wie die europäischen absoluten Herrscher des 17. Jahrhunderts. Das spiegelt sich auch in den Jagdszenen, die die Herrscher bei den vielen Malschulen in Auftrag gaben. Ähnlich wie der Kurfürst den Tiergarten in Berlin als eingezäuntes Jagdgebiet nutzte, besaßen die Mogulkaiser ungleich größere, aber ebenfalls eingezäunte Jagdgründe in üppigem Grün, in denen man bei Tag und Nacht auf die Jagd ging.

Doch der Garten zur Mogulzeit ist mehr als eine Demonstration der Herrschaft. „Dort, mit rotem Wein, schöner Musik und angenehmen Freunden halte ein Fest ab unter blühenden Bäumen, den Herrn zu feiern und die Ankunft des Frühlings“, schrieb der persische Dichter Farrukhi Sistani im 11. Jahrhundert – diese Verse könnten das Motto des zweiten Ausstellungsraumes sein, in dem der Garten vor allem als Ort der Muße und der Entspannung gezeigt wird.

Entspanntes Gespräch unter Freunden

Zum einen werden hier Feste gefeiert, bei Tag und bei Nacht – am liebsten mit Feuerwerk, wie beim Lichterfest. Oder man bewirft sich mit Farbe wie beim hinduistischen Frühlingsfest Holi. Hier hat der Künstler vor allem die rote Farbe in den Mittelpunkt gestellt, die mit dem Grün des Gartens einen starken Kontrast ergibt. Zum anderen schätzt man die Zweisamkeit, das gute Gespräch. So zeigt ein üppig gestaltetes Blatt zwei Würdenträger auf einem leicht erhöhten quadratischen Podest, das in der Mitte des Achsenkreuzes steht – eine Anlehnung an den persischen Garten, nur dass diesmal die Achsen aus Wegen bestehen. Im Vordergrund plätschert ein Springbrunnen, zwei blühende Bäume bilden den Hintergrund der Szenerie. Die quadratischen Gartenfelder sind mit blühenden Büschen, Zypressen und Blumen ausgemalt. Den fernen Hintergrund bilden ein Geländer und ein blauer Himmel mit einigen Wolken.

Mit der Britischen Ostindien-Kompanie kamen europäische Maler

Moguldame mit ihrer Dienerin auf einer Flussterrasse vor einer atmosphärischen Landschaft. Indien, 2. Hälfte 18. Jahrhundert. Deckfarben und Gold auf Papier. Bemerkenswert an diesem Bild sind der europäisch geprägte tiefe Hintergrund mit perspektivisch gemalter Ebene und der ovale Bildausschnitt.
Moguldame mit ihrer Dienerin auf einer Flussterrasse vor einer atmosphärischen Landschaft. Indien, 2. Hälfte 18. Jahrhundert. Deckfarben und Gold auf Papier. Bemerkenswert an diesem Bild sind der europäisch geprägte tiefe Hintergrund mit perspektivisch gemalter Ebene und der ovale Bildausschnitt.

© Museum für Islamische Kunst

Durch die Britische Ostindische Kompanie kam Indien schnell in Kontakt mit Europäern, die das Land bereisten; Künstler begannen hier zu arbeiten. Das blieb nicht ohne Folgen für die Spezialisten der Miniaturmalerei, die sich von den Errungenschaften der europäischen Malerei beeinflussen ließen. So weist Kuratorin Simone Struth auf eine feine Arbeit hin: „Moguldame mit ihrer Dienerin auf einer Flussterrasse vor einer atmosphärischen Landschaft“ aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die beiden Damen sitzen auf einem Polster auf einem Teppich aus stilisierten Blumen, eine flächige, zweidimensionale Darstellung. Doch dann öffnet sich der Blick auf einen Fluss und eine dahinterliegende grüne Ebene mit Bäumen und, weit in der Ferne, schneebedeckte Berge. „Diese perspektivische Darstellung beruht auf europäischen Einflüssen und zeigt, wie eng die Beziehungen zwischen indischen und europäischen Künstlern waren“, erzählt Simone Struth.

Ein Garten spendet Schatten und Kühle

Wie beliebt die Darstellungen der indischen Miniaturmaler waren, zeigen zwei Blätter aus der Türkei um 1700. Hier wird unter Bäumen musiziert und getanzt. Umrahmt sind die Blätter mit Gold – so wie alle Bilder der Mogulzeit von einem dünnen gemalten Rahmen umgeben sind. In der Regel folgt dann ein üppiges Passepartout mit Blumen und Tieren – das bei den türkischen Bildern fehlt –, bevor sich der gemalte Rahmen wiederholt.

Die Wertschätzung des Gartens mit seinen Wasserspielen hing auch mit den klimatischen und geografischen Verhältnissen zusammen. Ein ummauerter Garten mit Brunnen und Schatten spendender Vegetation war in einer mitunter heißen, trockenen Umgebung nicht nur angenehm, sondern auch ein enormer Luxus – und ist es bis heute.

Die mit Deckfarben aus Pigmenten und hauchdünnen Pinseln hergestellten Miniaturmalereien wurden in Alben zusammengefasst und gesammelt, sozusagen eine Art Illustrierte des Herrschers. Die Alben des Museums für Islamische Kunst hat der Schweizer Abenteurer, Soldat und Mitglied der Britischen Ostindien-Kompanie, Antoine-Louis Henri de Polier (1741–1795), zusammengetragen.

Polier begeisterte sich für die indische Kultur, lernte Sanskrit, Persisch und Urdu und sammelte herausragende Werke der frühen indischen Miniaturmalerei. In Awadh, wo er in Diensten des dortigen Fürsten stand, gab er sogar selbst Werke in Auftrag – und so der Miniaturmalerei neue Impulse. Über England gelangten dann 13 Alben mit Miniaturmalereien früh in den Besitz der Königlichen Museen Berlin. Mit dieser Ausstellung zeigt das Museum das weite Spektrum islamisch geprägter Kunst, die letztendlich auch eine Brücke zwischen Indien und Europa geschlagen hat.

Die Ausstellung „Picknick im Park. Gärten in der islamischen Miniaturmalerei“ ist noch bis zum 21. Juni 2015 im Museum für Islamische Kunst im Pergamonmuseum, Buchkunstkabinett, zu sehen.

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