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Kontrastprogramm bei „Radio 3“: Wie man Klassik-Fans foltert
Morgens kein Beethoven, mittags schon, nachmittags wieder nicht. Was der RBB auf seiner Kulturwelle „Radio 3“ bietet, ist verwirrend. Gelinde gesagt.
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Früher gab es beim Rundfunk Berlin-Brandenburg ja diesen Bloss. Der schien sehr wichtig zu sein. Denn man durfte Bloss nicht langweilen. Das war jahrelang auf Plakaten und in Werbeanzeigen zu lesen – obwohl die Mahnung eher an die RBB-Belegschaft gerichtet war als an die Zuschauerinnen und Zuschauer.
Irgendwer muss Bloss dann aber doch über die Maßen gereizt haben. Jedenfalls wirkte der Umbau und die Umbenennung der traditionellen RBB-Kulturwelle im vergangenen Frühjahr wie eine Strafaktion. Zumindest in den Ohren jener, die Bach, Beethoven, Brahms und Co. lieben.
Rabiate Reform
Nach einer traditionellen mittelalterlichen Foltermethode wurde das Musikprogramm gevierteilt. Morgens ist seitdem keine Klassik mehr erlaubt, zwischen 10 und 16 Uhr dann aber schon, danach ist sie wieder tabu, ab 20 Uhr gibt es Raum für Orchesterkonzerte und Oper.
Menschen, die gerne jederzeit Sinfonisches, Kammermusik und Arien hören, fühlten sich brüskiert. Sollten sie ihre Arbeitszeiten ändern, um weiterhin in den Genuss jener Art von Musik zu kommen, die sie mögen? Zumal die Reformer rabiat vorgingen. In den Klassik-Verbotszonen wird ein derart wüster Genremix abgefeuert, dass es selbst stilistisch durchtrainierten Eklektikern schwindlig werden kann.
Da wirkt es fast schon wieder beeindruckend dreist, dass sich „Radio 3“ als Motto ausgerechnet den Titel einer Shakespeare-Komödie ausgeliehen hat: „Wie es euch gefällt“ – na, die zwei würde ich gerne mal kennenlernen.
Die letzte Media-Analyse hatte dem Vorgänger-Sender „RBB Kultur“ eine Reichweite von durchschnittlich 68.000 Personen bescheinigt. Die nächste Erhebung wird im März veröffentlicht, die ersten acht Monate des neuen Programms werden darin berücksichtigt sein. Sowohl die Macher wie die Gegner von „Radio 3“ warten begierig darauf.
War es symptomatisch, dass der mit viel Tamtam angekündigt Anchorman der klassikfreien Morgenstrecke, Jörg Thadeusz, nur wenige Wochen durchhielt, dann abtauchte und jetzt einmal wöchentlich ein Talkformat moderiert? Gelangweilt hat er sich während der vierstündigen Frühsendung garantiert nicht. Womöglich hat sie ihm bloss nicht gefallen.
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