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Ehemaliges Hotel in Friedrichsstraße

© dpa

Kunststücke: Friedrichstraße Nr. 124: Heißes Hotel

In der Friedrichstraße 124 hat die Galerie Crone 33 Räume an 33 Künstler vergeben. Entstanden ist nun das Projekt "The Vacany".

Der Room Service wäre entsetzt. Mariana Hahn hat ein paar Kilo Salz auf den Boden ihres Hotelzimmers gestreut, die sich langsam blau färben. Bei Sofia Goscinski hängen zwei Toilettenschüsseln an der Wand, von denen zumindest eine akrobatische Fähigkeiten verlangt und Gerrit Frohne-Brinkmann nagelt Objekte aus Kastanien und Messingstäben an die Wand, die perfekt zum Retro-Muster der Tapete passen.

Service aber gibt es in diesen Räumen schon lange nicht mehr. Vor einigen Jahren soll das Haus Friedrichstraße Nr. 124 (bis 19. Oktober) Berlins abgefucktestes Hostel gewesen sein. Eine Ahnung davon bekommt immer noch, wer das Projekt „The Vacancy“ im zur Zeit leer stehenden Gebäude besucht: Stroh hängt aus den Zwischendecken, Rohre sind mit Silberfolie isoliert und die – wenigen nicht eingerissenen – Wände voller Farb- und Tapetenspuren. 33 dieser maroden Räume hat die Galerie Crone an 33 Künstler vergeben. Darunter bekannte Namen wie Moritz Schleime, Emmanuel Bornstein, Ruprecht von Kaufmann oder Pola Sieverding, deren schmales Zimmer voller riesiger Fotos zum Thema Falt(ung)en hängt. Es sind aber auch echte Neuzugänge dabei – Tobias Hoffknecht und Antony Valerian, der noch bei Daniel Richter in Wien studiert, aber schon über eine ganz eigene malerische Sprache verfügt.

"Vacancy" - temporärer Leerstand

Die Idee ist bestechend. Mit jedem Stockwerk erweitert die Galerie ihr Feld, auf dem sie mögliche Kandidaten für eine künftige Zusammenarbeit präsentiert – vorausgesetzt, Berlin empfängt ihre Arbeit mit offenen Armen. Dass die Auswahl mit Robert Muntean, Marianne Vlaschits oder Martin Grandits einen sichtlichen Schwerpunkt auf Österreich hat, liegt nicht zuletzt an der neuen, im September offiziell gestarteten Wiener Dependance der Galerie. Den Künstlern wiederum eröffnet sich die Chance, Berlin noch einmal zu jenem Labor zu machen, das es in den Neunzigern tatsächlich war. Viele nutzen das Ex-Hostel nicht bloß als Hintergrund, sondern verbinden ihre Werke mit dem ruinösen Ambiente. Großartig ist dies Stefan Löffelhardt mit seinen glimmenden Hängeskulpturen oder Paula Doepfner gelungen, die beide fest im Programm anderer Galerien sind und sich dennoch auf das Experiment eingelassen haben.

Allein für Doepfners Installation, die die zart wuchernde Geschichte in einem hundertjährigen Haus als bestechendes Bild wiedergibt, lohnt das Treppauf, Treppab, denn natürlich besitzt so ein alter Kasten keinen Aufzug. „Vacancy“, das ist temporärer Leerstand. Im Übergang zur nächsten gefragten Immobilie in Mitte bietet sich allerdings auch die Chance auf ein bisschen Freiheit zum Experimentieren – und die haben Galerie wie Künstler wahrgenommen.

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