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Hoda Tawakols Skulptur "Lure #18" besteht aus Textil, Pailletten, Styropor, Kunststoff, Nähgarn und sieht wie ein Oktopus aus.

© Foto Hinrich Franck

Hamburger Freiluftausstellung: Im grünen Bereich

30 junge Künstlerinnen und Künstler, vornehmlich aus Berlin, präsentieren ihre Skulpturen in einem „Garten der Gegenwart“.

Der Weitblick von Christian und Margarita Holle brauchte nur ein Fenster. Links von ihrem Hamburger Haus steht dieses schöne, verlassene Verwaltungsgebäude, das bald neuen Wohnungen Platz machen muss. Dahinter erstreckt sich ein verwunschener Garten. Wie von selbst kam den jungen Sammlern beim Anblick des Ensembles an der Rothenbaumchaussee die Idee: Neben ihrer jährlichen Ausstellung „Salon der Gegenwart“ in einer leerstehenden Gewerbeimmobilie, die im Herbst stattfindet, gibt es nun den „Garten der Gegenwart“.

Im Eingang grüßt Gregor Hildebrandts Schachfigur

Anlass für die Unterbrechung ihrer fast zehnjährigen Tradition, jeden Sommer rund 30 junge Künstlerinnen und Künstler zur Gruppenschau einzuladen, ist Covid-19. Geschlossene Räume kamen nicht infrage – dafür lässt es sich im Garten prima aus dem Weg gehen. Fast fühlt es sich wie in Berlin an angesichts der aufgestellten Werke. Den Eingang zum Haus markiert der tonnenschwere Kopf einer monströsen Schachfigur aus dem Arsenal von Gregor Hildebrandt. Im grünen Bereich leuchtet einem eine neonfarbene Parkbank von Jeppe Hein entgegen. Unbrauchbar verbogen natürlich, wie es typisch für den wie Hildebrandt in der Hauptstadt lebenden Künstler ist.

Arbeiten von Alicja Kwade und Katharina Grosse oder Anselm Reyles massige Keramikvase weisen auf Holles guten Draht zur Galerie König hin. Doch es gibt auch Überraschungen in diesem kleinen Paradies. Hinten rechts liegt von Büschen verborgen eine jener farbig überzuckerten Figuren von Pia Stadtbäumer, die wie große Nachbildungen artifizieller Porzellane aussehen.

Ein Karussell wie aus dem Märchenpark, ein Oktopus im Baum

Das Karussell daneben, ein Pilz mit zwei Schaukeln, wirkt wie ein vergessenes Fahrgeschäft aus einem Märchenpark. In Wahrheit hat Henriette Grahnert ihre Installation „You and me“ (2009) aufgestellt. Von Axel Anklam stammt eine wunderbare Skulptur aus netzartigem Edelstahl, musikalisch inspiriert und so durchlässig, dass zwischen ihren Strukturen das Grün der Pflanzen sichtbar wird. Hoda Tawakol lässt von einem Baum „Lure #18“ herunterwachsen: eine weiche Skulptur aus Styropor und Textil, die einem Oktopus ähnelt.

[Rothenbaumchaussee 145, Hamburg; bis 8. November Mi/Sa/So nach Anmeldung unter www.gartendergegenwart.de]

Verblüffend, wie viel Kunst in solch ein begrenztes Stück Grün passt, das zwischen Privatgarten und halber Wildnis siedelt. Dass man dafür das leere Bürogebäude passieren muss, verdeutlicht den Unterschied zum Skulpturenpark: Der „Garten der Gegenwart“ macht jenen temporären Ort in Eimsbüttel überhaupt erst erfahrbar.

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