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Psychotherapeut Max (August Zirner) und Ex-Gattin Loretta (Barbara Auer).

© Mehden/Alamode Film/dpa

Komödie "Was uns nicht umbringt": Der Therapeut, mein bester Freund

Moll-Tonlage mit lichten Spitzen: „Was uns nicht umbringt von Sandra Nattelbeck versammelt rund 20 Figuren in einem großen urbanen Beziehungsgespinst.

Pinguine zählen ist wie Flöhe hüten. Das Gewusel im Seevögel-Gehege von Hagenbecks Tierpark zwingt Pflegerin Sunny (Jenny Schily), immer wieder neu anzusetzen. Nur gut, dass der grundgute Kollege Hannes (Bjarne Mädel) allzeit ein Auge auf die von ihm angebetete Zwangsneurotikerin hat. Sonst würde sie ewig weiterzählen und noch dazu ihren Job verlieren. Als Einsparungen anstehen, geht er.

Das verhinderte Liebespaar ist die bodenständigste Kombi im Menschenzoo, den die Hamburger Filmemacherin Sandra Nettelbeck in „Was uns nicht umbringt“ so liebevoll porträtiert. Und erst gegen Ende der beim Filmfest Locarno uraufgeführten Dramödie offenbart sich, was Sunny mit der Hauptfigur Max verbindet. Bei dem von August Zirner mit melancholischem Dackelblick gespielten Psychotherapeuten laufen alle Fäden des rund 20 Figuren umfassenden urbanen Beziehungsgespinstes zusammen. 17 Jahre nach Nettelbecks mit dem Deutschen Filmpreis und einem US-Remake geehrter Komödie „Bella Martha“ hat sich der darin schon als Nebenfigur vorkommende Max zum Helden eines eigenen Patienten-Universums gemausert.

Bei Woody Allen wirkt Komik als Kitt, hier ist es Trauer

Und wie bei jedem Reigen von in die Jahre kommenden Mittelstandsneurotikern weht ein Hauch Woody Allen durch das von geschmackvollen Räumen, klugen Dialogen, aber zu viel Erwartbarkeit dominierte Setting. Nur, dass der Kitt, der die Episoden zusammenhält, hier nicht Komik, sondern Trauer ist. Ein sehr novemberliches Gespür für die unerbittlich verrinnende Zeit, den Verlust geliebter Menschen und den Schmerz geplatzter Illusionen, der das Leben ist.

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Da ist die Schriftstellerin Isabelle (Deborah Kaufmann), die ihren toten Freund, einen Kriegsfotografen, so herzzerreißend betrauert, dass das Leid ihr ganzes Leben frisst. Da ist der aus lauter Verzweiflung Flugangst entwickelnde Pilot Fritz (Oliver Broumis), den die bigotte Verwandtschaft vom Sterbebett seines krebskranken Lebensgefährten fernhält. Da ist die Soundkünstlerin Sophie (Johanna ter Steege), die sich nur durch Spielsucht über die ewige Furcht hinwegtrösten kann, vergessen zu werden.

Der Hund ist schwermütig, ausgerechnet

Besonders die Trauer-Episoden des gepflegt fotografierten und überzeugend besetzten Reigens berühren. Andere amüsieren. Etwa die des kauzigen Geschwisterpaars Mark (Christian Berkel) und Henriette (Victoria Mayer), die gemeinsam ein Bestattungsinstitut führen und an Berufsmüdigkeit (er) und Hypochondrie (sie) leiden. Dass der Hund, den sich der geschiedene Max zur Gesellschaft aus dem Tierheim holt, zur Schwermut neigt, ist auch nur halb ernst gemeint.

Tierlieb. Hannes (Bjarne Mädel) und Sunny (Jenny Schily) waren Kollegen in Hagenbecks Tierpark.
Tierlieb. Hannes (Bjarne Mädel) und Sunny (Jenny Schily) waren Kollegen in Hagenbecks Tierpark.

© Marion von der Mehden/Alamode Film

Überhaupt ist es ein Kunststück, wie es die Regisseurin und Autorin in ihrer konventionell, manchmal zu behäbig und schablonenhaft erzählten Geschichte schafft, der Moll-Tonlage lichte Spitzen aufzusetzen. Manchmal nur durch einen knappen, assoziativen Dialog. So wie der zwischen Max und seinem einsilbigen Patienten Ben (Mark Waschke). Max: „Glauben Sie, wir kriegen nur das, was wir verdienen? Ben: „Nein, ich glaube, wir kriegen viel mehr.“

Ab Donnerstag in zehn Berliner Kinos

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