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Verliebt. Hauptdarsteller Issa Rae und LaKeith Stanfield.

© Universal

"The Photograph" im Kino: Jeder Tag ist ein Valentinstag

Sie steht auf Drake, er ist Fan von Kendrick Lamar: In der romantischen Komödie "The Photograph" findet sich ein (beinahe) perfektes Paar.

Von Andreas Busche

Ein Foto ist der Missing Link zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen zwei Liebesbeziehungen, die über 30 Jahre trennt. Es zeigt eine junge Afroamerikanerin am Küchentisch, ein Schnappschuss aus einer Laune heraus. Aber er war für den Fotografen scheinbar bedeutsam genug, dass das Foto all die Jahre seinen Platz an der Wand behauptet hat.

Von den Gefühlen verlassen

Es hat etwas konserviert, für das manche Menschen ihr Leben lang nicht die richtigen Worte finden – bis es zu spät ist. Oder dem sie sich nur durch Körpersprache oder dem perfekten Lichteinfall annähern können. Es ist ein Gefühl, das Christine (Chanté Adams) bereits verlassen hat, als Isaac (Y’lan Noel) an einem Nachmittag in seiner Wohnung das Foto von seiner Freundin schießt. Kurz darauf sitzt Christine im Bus, der sie aus ihrem Kaff in Louisiana nach New York bringt, weil sie davon träumt, eine berühmte Fotografin zu werden. Wenigstens ihr Traum wird sich erfüllen.

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Das Foto in Isaacs Wohnung (30 Jahre später von Rob Morgan gespielt), das Stella Meghies Romantic Comedy ihren Titel gibt, ist – um mit Hitchcock zu sprechen – ein MacGuffin. Es löst eine Verkettung von Ereignissen aus, aber die Essenz dieses Augenblicks hat sich verflüchtigt. Christines Tochter Mae (Issa Rae) und Michael (LaKeith Stanfield) müssen sich einen eigenen Reim auf ihre Gefühle machen. Christine ist inzwischen gestorben, Mae kam ihr nie wirklich nah. Das Foto, auf das Michael, der für ein New Yorker Magazin schreibt, bei Recherchen im Süden der USA stößt, gibt keinem der beiden sein Geheimnis preis. Die Vergangenheit lässt die Gegenwart dennoch nicht los.

Den Knoten durchschlagen

Das ist eine düstere Prämisse für eine romantische Komödie, aber Meghie durchschlägt den Knoten alter Verhaltensmuster auf nicht unbedingt überraschende, aber immer wieder einnehmende Weise. „The Photograph“ kommt ein halbes Jahr nach dem Valentinstag nun auch in die deutschen Kinos. Das Timing wirkt schräg, andererseits: Was spricht dagegen, dass nicht an 365 Tagen im Jahr Happy Valentine sein kann?

Außerdem sind Rae und Stanfield so ziemlich das schnuckeligste Pärchen, das in jüngster Zeit den Sprung vom Fernsehen (sie in ihrer eigenen Show „Insecure“, er in „Atlanta“) ins Kino geschafft hat. Besser sogar noch als gerade ihr Chaosauftritt mit Kumail Nanjiani in „Die Turteltauben“; allerdings verfügt Stanfield auch über deutlich mehr „Swag“ als sein Kollege.

Den „Swag“ wiederum hat Mae für sich gebunkert, zumindest was den Musikgeschmack angeht. Sie steht auf Drake, er ist Kendrick-Fan. Wenn der Lieblingsrapper wirklich etwas über den Charakter verrät, müsste es eigentlich umgekehrt aussehen. Michael ist ein Player bei den Frauen, die emotional etwas unentspannte Mae arbeitet als Kuratorin im Archiv von Queens, verfügt also über Geschichtsbewusstsein. Das erste Date ist ein französischer Kunstfilm.

Zwei Filme in einem

„The Photograph“ will zwei Filme in einem sein. Die Romanze zwischen bindungsunfähigen New Yorkern Anfang 30 (scheinbar der neue Standard in der „RomCom“) verträgt sich nicht immer mit dem Mutter-Tochter-Drama. In der Liebe funktioniert es wie im Kino: Es kommt auf die Chemie an – nur dass Reaktivität auf der Leinwand nicht wissenschaftlich nachweisbar ist. Man muss sie sehen und spüren. Stanfield kann mit seinem anstrengungslosen Charme selbst den narzisstisch veranlagten Hallodri Michael noch als gute Partie verkaufen. Auch wenn sich sein Bruder Kyle (Lil Rel Howery, mit Stanfield schon in „Get Out“ vor der Kamera) über dessen „Verschleiß“ lustig macht.

Meghie gelingt es dabei, die zwei Liebesgeschichten in völlig unterschiedlichen Tonalitäten zu erzählen – und sich trotzdem nie zwischen den Zeitebenen und Gefühlslagen zu verzetteln. Das Techtelmechtel zwischen Mae und Mike ist slick und saccharinhaltig, mit tollem Hip-Hop (Solange, Mos Def, Jamila Woods) und einem leichtfüßigen Jazz-Score von Robert Glasper unterlegt. Über der unerfüllten Liebe zwischen Christine und Isaac hängt dagegen die dumpfe Verzweiflung der „Southern Gothic“, schwermütig lassen die Weiden ihre Äste hängen. Louisiana ist durch die Augen von Kameramann Mark Schwartzbard zum Sterben schön, man versteht ihren Fluchtimpuls sofort.

Alchemie kann in der Liebe helfen

Romantische Komödien sind kein Hexenwerk – wobei alchemistische Fähigkeiten durchaus helfen können. Gute Regisseurinnen wie Stella Meghie haben ein Händchen für die Chemie: zwischen Drama und Romantik und den Darstellern bis in die kleinste Nebenrolle. Es verhält sich hier ähnlich wie mit den Chemikalien in der Dunkelkammer. Stimmt die Zusammensetzung des Entwicklerbads nicht oder verpasst man den richtigen Moment, ist das Foto ruiniert (Im Cinemaxx Potsdamer Platz, CineMotion Hohenschönhausen, Titania).

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