
© Komische Oper/Jan Windszus Photography
Jugendkulturkarte: Einladung mit Hindernissen
Berlins Kultursenator Klaus Lederer spendiert jungen Menschen 50 Euro für Live-Erlebnisse. Um an das tolle Angebot zu kommen, muss die Generation Z aber zwei Hürden überwinden.
Stand:
Wie altmodisch ist das denn? Der Berliner Senat schenkt allen jungen Leuten zwischen 18 und 23 Jahren ein Guthaben von 50 Euro damit, sie, nach den Entbehrungen der Coronazeit, wieder voll in den Live-Kulturbetrieb einsteigen können. Diese „Jugendkulturkarte“ kann man zwar online beantragen, muss dann aber persönlich in einer von 40 Stadtteilbibliotheken vorstellig werden, um sie entgegenzunehmen. Ganz analog.
Zuständig für die Umsetzung der von Kultursenator Klaus Lederer erdachten Aktion ist die landeseigene „Kulturprojekte Berlin“ GmbH. Auf der sehr gut gemachten Website www.jugendkultukarte.berlin findet sich im Kleingedruckten die Erklärung für das umständliche Prozedere: Jede Abholerin, jeder Abholer bekommt nämlich zusammen mit der Guthaben-Karte gleich auch noch einen kostenlosen Bibliotheksausweis überreicht, der ein Jahr gültig ist.
Tickets gibt es nur vor Ort
Ein kluger Schachzug: Denn so kommen die jungen Erwachsenen - mal wieder oder vielleicht sogar erstmalig - mit einer öffentlichen Bücherei in Berührung. Und erleben dort, dass längst nicht mehr nur Druckerzeugnisse im Angebot sind, sondern Medien aller Art.
Nach der ersten folgt allerdings auch noch eine zweite analoge Herausforderung für die Generation Z: Zwar lassen sich online am Handy die Programme der teilnehmenden Institutionen durchforsten – und das sind Dutzende großartige Bühnen, Museen und Orchester der Stadt, dazu Arthouse-Kinos und sogar ein paar Clubs. Einlösen aber kann man das Guthaben nur vor Ort an der Vorverkaufs- oder Abendkasse.
Nochmal heißt es also: Hemmschwellen überwinden, mutig in die Musentempel vordringen! Denn das ist ja oft der schwerste Schritt: Der Aberglaube, die heiligen Hallen der Hochkultur seien nur was für „die anderen“, für Akademiker nämlich oder gar für die oberen Zehntausend, der sitzt sehr tief.
Gerade in einer Stadt wie Berlin stimmt das zum Glück überhaupt nicht. Dresscodes sind abgeschafft, alle sind so willkommen, wie sie eben gerade von der Straße hereinkommen – Hauptsache, sie bringen echtes Interesse mit.
Und die Kalkulation des Kultursenators scheint aufzugehen: Am Dienstag waren bereits rund 52 000 Berechtigte registriert, knapp die Hälfte davon hatte die Jugendkulturkarte auch schon abgeholt, wie auf Nachfrage bei der „Kulturprojekte“ GmbH zu erfahren war. Die Entdeckungsreise also kann beginnen!
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