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Sandra Maischberger im Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz

© WDR/Oliver Ziebe

Kanzler Scholz bei „Maischberger extra“: Härtetest für das Publikum

Gute Quote für das Einstunden-Gespräch, die aber im Verlauf bröckelt. Das hat Gründe - und der wesentliche heißt Olaf Scholz

Stand:

Sandra Maischberger und die ARD können zufrieden sein. Die Ausstrahlung des einstündigen, aufgezeichneten Gesprächs mit Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwoch sahen ab 22 Uhr 50 1,58 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer. Mit „Maischberger extra“ erreichte die Talkshow bisher die höchste Reichweite im laufenden Jahr und die zweitbeste Quote, meldete der Branchendienst dwdl.de.

Konkurrenz mit Lanz

Was weder die Moderatorin noch das Erste stören muss, aber doch auffällig ist. Im leicht zeitversetzten Duell der spätabendlichen Talkshows zeigt sich Folgendes: Bei „Markus Lanz“ waren am Mittwoch ab 23 Uhr 15 Uhr Politiker Sebastian Fiedler, die Journalistinnen Ursula Weidenfeld und Alice Bota sowie Islamwissenschaftler Ralph Ghadban zu Gast. Der ZDF-Host verbuchte mit seinen Gesprächen steigende Reichweiten, während sie bei „Maischberger extra“ ziemlich kontinuierlich nach unten gingen.

Der Bundeskanzler als einziger Gast, das ist für eine politische Sendung, als ob Weihnachten und Ostern auf einen Tag fielen. Nun ist Olaf Scholz alles andere als Talkshow-scheu. Seit seinem Amtsantritt im Dezember 2021 war schon bei „Anne Will“ und „Maybrit Illner“ zu Gast. Der Kanzler will sich und seine Politik erklären, das Zweiergespräch scheint ihm die geeignete Form dafür.

Aber Scholz ist kein Fernsehkanzler, sondern ein Kanzler im Fernsehen. Er verfängt nur bedingt. Nun kann man sagen, dass eine Gesprächssendung mit nur einem Gast ab 22 Uhr 50 an einem Mittwoch besondere Konzentration verlangt. Was man auch sagen kann: Olaf Scholz verlangt besondere Konzentration. Er redet politisch („Ziel ist nicht ein Regime Change“), er redet mal privat (der „fleißige Schüler“ war auch ein Besserwisser), es fließen die Sätze und die Worte in gleichbleibender Geschwindigkeit.

Maischberger geht die Themen des Tages und weitere durch. Hartnäckig, nachfragend, mal sehr direkt, mal indirekt, mal im Fallenstellen-Modus. Olaf Scholz bleibt keine Antwort, schwurbelt bei der Cum-Ex-Affäre ein bisschen, erzählt von seiner Lektüre der „Disney-Produkte“, es darf festgehalten werden, dass Moderatorin Maischberger in der Vorwärtsbewegung alles gibt, während Scholz seine Defensive gut behauptet. Vielleicht ist „Maischberger extra“ paradigmatisch für die TV-Versuchsanlage „Kanzler vs. Journalist/-in“.

Aber es ist schwer, permanent als Zuschauer Interesse zu entwickeln. Olaf Scholz ist kein Langweiler, das nicht, aber ein Emphatiker ist er auch nicht. Man kann sich gut vorstellen, dass dieser Politiker auch in den verzwicktesten Koalitionsrunden in der 560. Minute genauso beherrscht agiert wie in den Anfangsminuten. Wenn aber ein Satz klingt wie der vorhergehende, dann ist Attraktion des Gesagten mäßig. Scholz frisst sich geradezu selber auf. Er müsste markieren, was wirklich wichtig ist - durch Sprache, Mimik, Gestik. Er müsste schlichtweg mit den Zuschauerinnen und Zuschauern kommunizieren, hinter seiner Glastrennwand hervorkommen.

An den Lippen hängen?

Vielleicht, sicher ist es nur eine Annahme: Nur wenige werden in der Lage sein, Olaf Scholz eine Stunde lang an den Lippen zu hängen. Es sollen Menschen am Mittwochabend von „Maischberger extra“ zu „Markus Lanz“ gewechselt zu sein. Der Bundeskanzler ist als „Drehtür“ vorstellbar.

Bereits am kommenden Sonntag wird Kanzler Scholz die „Sommerinterviews“ im Ersten eröffnen. Tina Hassel, Studioleiterin und Chefredakteurin Fernsehen im ARD-Hauptstadtstudio, wird die Fragen stellen. Neuer Versuch, Ergebnis erwartbar.

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