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In Farbe, und wie: "The Wizard of Oz" von 1939.

© George Eastman House, Rochester / 1939 Turner Entertainment Co.

Berlinale: Retrospektive: Keine Angst vor Rot, Grün, Blau

Subtil und opulent: Die RETROSPEKTIVE "Glorious Technicolor" auf der Berlinale 2015 zeigt die Bandbreite des legendären Farbfilmverfahrens bis zur mythischen Strahlkraft der Anfänge.

Türkis, dieses betörende Türkis. An den Wänden des noblen Zugwaggons. In den Augen der schönen Ellen Berent, die in Leave Her to Heaven ihre Zufallsbekanntschaft, einen Schriftsteller, um den Verstand bringt. Später wird es ihn wieder umgeben, allerdings in deutlich entsättigter Form. Im Gerichtssaal, in den ihn die verhängnisvolle Liebe zu dem oft in verdächtig kühles Weiß gekleideten Vamp mit den scharlachroten Lippen bringt.

Subtile Farbeffekte zeichnen John M. Stahls Melodram aus. Gedreht wurde es 1945 in Technicolor Nr. IV. Keinem fotochemischen-, sondern einem Drei-Farben-Druckverfahren, dem das Hollywoodkino der Jahre 1935 bis 1955 eine geradezu mythische Strahlkraft verdankt.

"Vom Winde verweht" mit visuellem Reichtum

Das Rot des Südstaatenhimmels in Gone with the Wind, die leuchtende Yellow Brick Road in The Wizard of Oz, die sengende orange Wüstensonne im Western Duel in the Sun sind Beispiele für den opulenten visuellen Reichtum, der sich mit dem ursprünglich 1915 gegründeten US-Unternehmen Technicolor Motion Picture Corporation als Markenname verbindet. Zum 100. Geburtstag von Technicolor zeigt die Retrospektive 30, zum Teil aufwendig restaurierte Filme aus den Anfängen bis 1953, darunter auch sechs britische Filme.

David Leans Epos This Happy Breed von 1944 etwa nutzt die leuchtenden Farben nicht für große erzählerische Gesten, sondern kontrastiert mit den bunten Union-Jack-Wimpeln bei einer Militärparade, den ebenfalls in patriotischen Farben gehaltenen Weihnachtsgirlanden und Kostümdetails wie Hutschleifen oder Ohrringen das einfache Alltagsleben in einem britischen Reihenhaus.

Technicolor galt als anstrengend für die Augen

Die Firma Technicolor fühlte sich ebenfalls einem zurückhaltenden Einsatz von Rot, Blau, Grün verpflichtet. Ganz gegen den durch farbsatte Szenarien in Musicalfilmen wie Singin’ in the Rain oder auch Gentlemen Prefer Blondes genährten Eindruck. Die bis Anfang der Vierziger vertraglich mitgelieferten Kameraleute achteten auf ein möglichst natürliches, die Geschichte nicht dominierendes Farbdesign. Im von der Deutschen Kinemathek herausgegeben Begleitbuch sind die Reaktionen der Zeitgenossen auf die Farbsensation lustig nachzulesen. Als „Gone with the Wind“ 1939 als bis dato teuerste Hollywood-Produktion in die Kinos kam, unkte der Kritiker der „New York Times“, dass ein so langer Film in Farbe anstrengend für die Augen sei. Die jedenfalls war mit Technicolor endgültig im Kino angekommen.

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