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Kim Kardashian und Naomi Watts in „All’s Fair“

© 2025 Disney und seine verbundenen Unternehmen

Kim Kardashian als Scheidungsanwältin: Ist „All’s Fair“ die schlechteste Serie aller Zeiten?

Von Glenn Close bis Naomi Watts: Ryan Murphy hat für „All’s Fair“ ein beeindruckendes Ensemble an Stars versammelt. Blöd nur, dass die ein Skript aus der Hölle vortragen müssen.

Stand:

Jede Presse ist gute Presse, heißt es, und wohl kaum jemand hat sich diese Weisheit so zu Herzen genommen wie der Kardashian-Clan. Orchestriert von der Matriarchin Kris Jenner polarisiert die Familie höchst erfolgreich mit ihren Looks und Konsumartikeln, darunter Tangas mit Schamhaartoupet, Nippel-BHs und Kompressionsbinden, die das Gesicht schönquetschen sollen.

Neustes Produkt im Kardashian-Imperium ist die Serie „All’s Fair“, die zwar offiziell aus der Feder von Ryan Murphy („American Horror Story“) stammt, bei der aber Kim Kardashian die Hauptrolle spielt und Kris Jenner produziert hat. Der Look erinnert verdächtig an das Reality-Format der Familie, „The Kardashians“ – beides Hulu-Shows, die hierzulande bei Disney Plus laufen.  

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Angesichts ihrer bisherigen Marketingstrategie dürfte „Momager“ Kris Jenner ergo nicht allzu besorgt sein über die Kritiken, die gerade in den USA und Großbritannien über die Serie daniederregnen: „Faszinierend, existenziell schrecklich“, ist im „Guardian“ zu lesen. „Leer und unverzeihlich langweilig“, heißt es im „Hollywood Reporter“. „Dies könnte das schlechteste TV-Drama aller Zeiten sein“, urteilt „The Times“.

Gute Presse insofern, als man gern wissen möchte, was derart leidenschaftliche Reaktionen hervorgerufen hat. Ist „All’s Fair“ wirklich so fürchterlich?

Privatjet mit Lichtgeschwindigkeit

Die kurze Antwort: ja, tatsächlich. Drei Folgen der Serie sind bisher auf Disney Plus zu sehen, jeden Dienstag erscheint eine neue. Es geht um drei Frauen, die gemeinsam eine erfolgreiche Kanzlei für Scheidungsrecht in Los Angeles betreiben und die allesamt abgefahrene Namen haben: Allura Grant (Kim Kardashian), Liberty Ronson (Naomi Watts) und Emerald Greene (Niecy Nash-Betts).

In einem Wahnsinnstempo wickeln die drei einen Fall nach dem nächsten ab und vertreten dabei ausschließlich Frauen, die von ihren millionen- oder milliardenschweren Männern schlecht behandelt werden. Sie sind hier also im Auftrag des Feminismus unterwegs und werden nebenbei selbst zu Girlboss-Millionärinnen. Win-win.

In der ersten Folge etwa jettet Liberty im firmeneigenen Privatjet mit Lichtgeschwindigkeit nach New York, um eine geschasste Milliardärsgattin (Judith Light) dabei zu unterstützen, sich mit dem ihr geschenkten Schmuck aus dem Staub zu machen.

Privat kann sich Liberty nicht auf einen scheinbar perfekten Partner einlassen, weil der Job ihr den Glauben an die Liebe genommen hat. Emerald hat direkt auf den passenden Mann verzichtet und via Samenspende drei Jungs zur Welt gebracht. Die Drillinge mit Model-Look wurden allesamt an den besten Elite-Unis des Landes angenommen und stimmen vor lauter Liebe zu ihrer Mutter spontan einen Gospel-Chor am Abendbrottisch an. Wer kennt’s nicht?

„Ich hasse Versagen“

Allura derweil ist verheiratet mit dem zehn Jahre jüngeren Football-Star Chase (Matthew Noszka), der sie, wie sich schnell herausstellt, mit zahlreichen Frauen betrügt. Um sie im anstehenden Scheidungsprozess zu vertreten, engagiert Allura ihre einstige Mentorin Dina Standish (Glenn Close).

Selbst sie scheitert an diesem Skript: Glenn Close als Dina Standish.

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Dass sie neben Hollywood-Größen wie Glenn Close schauspielern muss, kommt Kim Kardashian nicht gerade zugute. Hölzern und mit stoischem Gesichtsausdruck kämpft sie sich durch jede Szene, man kann nur raten, wie es Allura gerade geht – angeblich sei sie sehr wütend, heißt es immer wieder.

Zugegeben scheitern aber selbst Glenn Close oder Naomi Watts an diesem Skript aus der Hölle, das klingt, als wäre es hauptsächlich auf Soundbites hin geschrieben, die auf TikTok und Insta funktionieren. Jede KI hätte das lebensechter hinbekommen. „Der Flug war turbulent, und meine Stimmung ist es auch“, sagt Liberty. „Ich habe versagt. Ich hasse Versagen“, gibt Allura zum Besten.

Unterwegs im firmeneigenen Privatjet: die Girlboss-Anwältinnen aus „All’s Fair“.

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Zu seinen besten Zeiten hat Ryan Murphy auf unterhaltsame Weise Camp, Soap und Drama vermischt, bei dieser Show ist nie klar, in welche Richtung es gehen soll. Als Satire würde „All’s Fair“ noch am besten funktionieren, doch offenbar soll man sympathisieren mit den Protagonistinnen, die kurz nach dem Suizid einer Klientin mit Champagner in ihrem Jet anstoßen und sich auf die anstehende Schmuck-Auktion freuen.

Neben „The Kardashians“ kommt einem als Inspiration auch Netflix‘ Makler-Show „Selling Sunset“ in den Sinn: glänzende Mega-Villen, für das reale Leben komplett unpraktikable Luxus-Outfits und völlig ironiefreies Abfeiern von obszönem Reichtum.

Völlig unhinged: Ryan-Murphy-Muse Sarah Paulson in „All’s Fair“.

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Einziger Lichtblick ist Ryan-Murphy-Muse Sarah Paulson, die sich mit Verve in die Rolle der völlig überdrehten Erzfeindin des Trios, Carrington Lane (noch so ein abgefahrener Name), stürzt und dabei wenigstens für einige Lacher sorgt. Doch selbst Paulson fällt es zwischendurch sichtlich schwer, die ihr geschriebenen Zeilen über die Lippen zu bringen. Sätze wie: „Ich würde das nicht tun, selbst wenn ich mittellos wäre und hungrig an einer Straßenecke säße und gezwungen wäre, einem Priester mit Chlamydien für eine Schüssel Bohnenbrei einen zu blasen.“

Vielleicht ist die Serie ja so schlecht, dass sie wieder gut ist, fragt man sich zwischendurch. Nicht Hass ist das Gegenteil von Liebe, sondern Gleichgültigkeit, lautet eine weitere Weisheit, an der sich wohl auch die Kardashians orientieren. So kann man zumindest positiv festhalten: „All’s Fair“ ist niemandem gleichgültig.

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