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Ausschnitt aus dem Buchcover.

© promo / KiWi Verlag

Robert Gwisdeks Debüt "Der unsichtbare Apfel": Kleiber auf Koks

Fantastische Wucherungen: Der Schauspiel Robert Gwisdeks hat mit „Der unsichtbare Apfel“ seinen ersten Roman geschrieben.

Der junge Herr Gwisdek also. Vater Michael Schauspieler, Mutter Corinna Harfouch Schauspielerin, er selber Jahrgang 1984, Schulabbrecher, Konrad-Wolf-Absolvent und im Schaugewerbe aktiv: Vergangenes Jahr wurde er für den Deutschen Filmpreis nominiert. Als Sänger und Texter ist er mit der eigenen Hip-Hop-Band Käptn Peng und die Tentakel von Delphi unterwegs.

Eine Vita, die Vorfreude auf das nach eigener Aussage in einem zweimonatigen Schreibrausch entstandene Romandebüt macht. „Der unsichtbare Apfel“ beginnt denn auch frisch, fromm, fröhlich, frei mit zwei vorangestellten Sätzen, die dem sonst von Neuautoren gern bemühten Schlaumeierzitatepotpourri von Dylan bis Aischylos zeigen, wie man klar und dreist Interesse weckt. Auf der ersten Seite steht „Dieser Satz ist eine Lüge“ auf der zweiten „Dieser Satz ist wahr“.

Spätestens auf Seite 133 – nach 18 nur mit rhythmisch angeordneten „K“s bedruckten Seiten – hat man dann begriffen, dass die Geschichte des Helden Igor tatsächlich einer bekoksten Achterbahnfahrt zwischen diesen Extremen gleicht. Was damit zu tun hat, dass der autistische Tor von Kindesbeinen an in Schieflage zur funktionalen Welt steht und Selbsterfahrungstrips wie „100 Tage in einem dunklen Raum“, Waldexpeditionen und Auseinandersetzungen mit Kreisen und Dreiecken unternimmt. Wobei Realität und Fantasie ebenso munter durcheinanderlaufen wie die von der Ich-Form abgelöste auktoriale Erzählweise.

Was stilistisch gelungen wie eine surreale Variation auf den klassischen Picaroroman beginnt, läuft zusehends aus dem Ruder. Dafür werden die literarischen Vorbilder sichtbar. Wenn der erst die Welt zu ergründen, später zu vernichten und sich schließlich mit ihr auszusöhnen suchende naive Narr mit Kindern und Kleibern fraternisiert, erinnert das stark an Sibylle Lewitscharoffs genial vervogelten „Pong“. Und die dem König von K. und den geometrischen Figuren gewidmeten Kapitel gleichen Lewis Carrolls absurder Parallelwelt hinter dem Kaninchenloch. Was so wenig schlechte Bezüge sind wie Gwisdek ein übler Autor ist. Erzählen kann er. Fehlen für das nächste Buch nur noch ein Thema, das eine Minimalanbindung zur Wirklichkeit hält, und ein Lektor, der den wilden Wortschwall eindämmt.

Robert Gwisdek: Der unsichtbare Apfel. Roman. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2014. 368 Seiten, 12,99 €.

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