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Klaus Scheuermann und Steffi Jakobs sind Tubbe.

©  Audiolith

Das Elektropop-Duo Tubbe: Knall und Überschall

Steffi Jakobs und Klaus Scheuermann sind das Berliner Elektropop-Duo Tubbe. Im Privatclub stellen sie ihr zweites Album "Keine Arbeit Lieber Tanzen" vor.

Die graue Kunstfelljacke steht ihr gut. Dazu die dicke Goldkette und eine schwarze Sonnenbrille. So fährt Steffi Jakobs, eine Hälfte des Elektropop-Duos Tubbe, auf einem BMX-Rad durch Friedrichshain. Amtlicher Dresscode für die Ausgehmeile entlang der Warschauer Brücke. Dazu läuft ein monoton hämmernder Synthie-Beat, und Jakobs singt: „Der Wecker klingelt erst 16 Uhr, du machst Party in deinem Flur.“ Währenddessen tänzelt ein Mädchen im wallenden Blümchenkleid selbstvergessen durch die U-Bahn.

Was anderswo Verwunderung hervorrufen würde, wird hier mit einem Achselzucken zur Kenntnis genommen. Berlin ist schließlich die Stadt der grenzenlosen Freiheit, ein Auffangbecken für alle Ziellosen, Verschallerten und Gestrandeten. Wer sich selbst verwirklichen will, ist herzlich willkommen. Auf der aktuellen Single „In Berlin“ formuliert es Steffi Jakobs so: „Kurzer Anlauf, Überschall, mit 41 Abi-Ball / Irgendwas mit Medien, Bildung: Wikipedien / Alle machen hier Musik, Trallala wird Politik.“ Das dazugehörige Video, gedreht auf den Straßen zwischen Friedrichshain und Kreuzberg, liefert die entsprechenden Bilder und im Refrain die Bestätigung: „In Berlin darf man das!“

Die Ankerklause an der Grenze zwischen Kreuzberg und Neukölln. Es ist halb sechs, also früher Abend oder später Morgen, je nach Lebensstil. Im Gegensatz zu einigen Gästen an den Nachbartischen wirken Steffi Jakobs und ihr Bandkollege Klaus Scheuermann nicht, als seien sie gerade erst aufgestanden: Vor ihm steht ein Teller mit vegetarischem Burger und Pommes, sie hält sich an einem großen Glas Limonade fest. Den Treffpunkt für das Gespräch hatten die Musiker vorgeschlagen, denn nicht weit von hier wohnen und arbeiten sie. Klaus Scheuermann, genannt Klausen, verfügt daheim über ein eigenes kleines Tonstudio. Dort hat er im zurückliegenden Jahr viel Zeit in das neue, das zweite Album von Tubbe gesteckt. Wie praktisch, dass seine Mitstreiterin nur ein paar Straßen entfernt wohnt und auf Zuruf schnell vorbeikommen konnte.

Angefangen haben Tubbe in ihrer Heimatstadt München

Die Platte trägt den Titel „Keine Arbeit Lieber Tanzen“, der Schriftzug ziert an diesem Tag in großen Lettern Steffi Jakobs’ Kapuzenpulli. Das Motto passt. Zum Pulli. Zur Stadt. Zur Musik von Tubbe. Zehn Stücke sind es geworden, und wenn man etwas bemängeln will an diesem Werk, dann, dass es gerade mal 41 Minuten lang ist. Viel zu kurz, um sich an Jakobs’ lakonischen Zeilen sattzuhören, an ihren ironischen Kommentaren zum Zeitgeschehen und über eine Generation, die „Die Nacht zum Tag“ macht und Gefahr läuft, als „Punkopa“ zu enden. Im gleichnamigen Song heißt es: „Wo ist es hin, das Leben aus Prospekten, nur heiße Luft mit ein paar Knalleffekten.“ Die Knalleffekte, zumindest die musikalischen, liefern Tubbe dann vorsichtshalber selbst. Vorzugsweise in Form von Sounds aus der Linn Drum, einem Drum-Computer aus den frühen Achtzigern, den auch schon New Order oder Queen nutzten. Dieses Stilmittel zieht sich durch die Platte.

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Angefangen mit Tubbe hat alles vor über sechs Jahren in München, der Heimatstadt von Jakobs und Scheuermann. Steffi kam damals gerade frisch vom Konservatorium, wo sie Musik mit Hauptfach E-Bass studiert hatte. Sie spielte damals mit einer Freundin in einer Band namens Rosali und Jakob. Klausen, Sohn zweier Tonmeister und musikalischer Autodidakt, hatte von ihnen gehört und besuchte eines der Konzerte. Es gefiel ihm so gut, dass er Kontakt aufnahm. Ob er für sie produzieren dürfe, fragt er die Musikerinnen via Myspace. Die waren zunächst skeptisch, ließen sich aber auf ein Treffen ein. Zunächst floss Alkohol, dann die Kreativität. Eine EP entstand, aber danach trennten sich Rosali und Jakob.

Tubbes Debüt "Eiscafé Ravetto" erschien vor zwei Jahren

Dafür taten sich Steffi und Klausen zusammen. „Weil wir einfach merkten, dass wir Spaß am gemeinsamen Arbeiten haben und ähnliche Musik mögen“, sagt Scheuermann Man einigte sich auf den Bandnamen Tubbe. Wenn man die Musiker nach Herkunft und Bedeutung fragt, erhält man allerdings als Antwort zunächst nur ein Grinsen. Die Wahrheit ist, dass der Name in einer durchfeierten Nacht mit Freunden geboren wurde. An Einzelheiten konnte sich später leider niemand mehr erinnern. Immerhin blieb dieses Wort hängen: Tubbe. Eines der ersten Stücke des Duos war „5 Minute Love“, eine schnelle, eingängige Synthie-Pop-Nummer, die entfernt an Erasure erinnert und den Machern des Hamburger Labels Audiolith zu Ohren kam. Wenig später hatten Tubbe einen Vertrag und im Frühjahr 2013 erschien ihr Debütalbum „Eiscafé Ravetto“. So schnell kann’s manchmal gehen.

Mittlerweile wohnen die beiden in Berlin. Klausen kam als Erster. „Ich hab tatsächlich einen Tapetenwechsel gebraucht“, sagt er, „in München nahm alles seinen Gang, aber es war nicht wahnsinnig spannend.“ Ursprünglich wollte er „nur mal für ein, zwei Wochen kommen, Spaß haben und ein paar Inspirationen aufsaugen“. Aber dann ließ ihn die Stadt nicht mehr los. Oder besser: die Menschen, die er hier kennenlernte. Steffi Jakobs folgte ihm einige Zeit später.

Spielt Berlin für die Musik von Tubbe eine Rolle? „Wahrscheinlich indirekt“, sagt Scheuermann. Und Jakobs ergänzt: „Ich denke schon, dass die Stadt bestimmte Befindlichkeiten in einem auslöst. Das spiegelt sich dann natürlich in den Texten wider.“ Der größte Unterschied zu München? „In Berlin muss man besser auf sich aufpassen, das macht die Stadt nicht für einen“, sagt sie. Stichwort: Keine Arbeit, lieber tanzen! Auf Dauer kann das natürlich nicht funktionieren.

Steffi Jakobs und Klaus Scheuermann sind selbst nie Gefahr gelaufen, sich im Feiern zu verlieren. Sie seien einfach „keine krassen Club-Gänger“, zudem immer schon früh müde. Aber neulich waren sie doch mal gemeinsam aus. Morgens früh um acht besuchten sie eine Morning-Glory-Party. Die Idee dieser Veranstaltung: ausgeschlafen kommen, eine Runde tanzen, dann zur Arbeit. Kein Alkohol, nur gesunde Smoothies. „Und trotzdem flippten die Leute aus“, erinnert sich Scheuermann. Er und Jakobs waren zunächst skeptisch. Aber dann fanden sie es sehr lustig.

„Keine Arbeit Lieber Tanzen“ ist bei Audiolith erschienen. Konzert: 2. April, 19 Uhr, Privatclub, Skalitzer Str. 85–86

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