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Das Denkzeichen am Hausvogteiplatz erinnert an die Verfolgung jüdischer Mitbürger während des Nationalsozialismus in Berlin.

© imago/Adriano Coco

Kolumne Berliner Trüffel (24): Denkmal für das einstige Modezentrum am Hausvogteiplatz

Viele Berliner Konfektionsfirmen waren einst in jüdischem Besitz. Die Spiegel-Installation „Denkzeichen Modezentrum“ erinnert an ihr Verschwinden.

Eine Kolumne von Michael Bienert

Treppenstufen an U-Bahn-Ausgängen dienen öfters auch als Werbeflächen. Auf Augenhöhe erreichen ihre Botschaften diejenigen, die aus dem Untergrund ans Tageslicht aufsteigen. Am Hausvogteiplatz sind es die Namen von Konfektionsfirmen, die so ins Gesichtsfeld treten: Bechmann & Loewenstein, Bang & Hansen, Gebrüder Berglas – insgesamt 19 Firmen, alle mit einer Hausnummer am Hausvogteiplatz.

An der höchsten Treppenstufe gibt sich diese Textinstallation als Auszug aus einem Adressbuch der Berliner Konfektionsfirmen zu erkennen. Spiegel an den Seitenwänden des Treppenaufgangs stellen eine optische Verbindung zu einer Skulptur oben auf dem Hausvogteiplatz her. In drei schlanken hohen Spiegeln, wie man sie ähnlich aus Modegeschäften kennt, kann man in sein Outfit auf einen Blick von den Fuß- bis zu den Haarspitzen prüfen. Sehr praktisch auf dem Weg in die umliegenden Büros und Cafés!

Im Spiegel das eigene Outfit überprüfen

Stellt man sich mitten zwischen die drei Standspiegel, kann man sich sogar von allen Seiten betrachten. Die Architektur und das Leben auf dem Platz erscheinen in diesem Spiegellabyrinth vielfach gebrochen. Zwangsläufig fällt der Blick auf drei ins Straßenpflaster eingelassene Texttafeln.

Sie berichten, dass der Hausvogteiplatz vor dem Zweiten Weltkrieg das Modezentrum Berlins war. Die meisten Konfektionsfirmen befanden sich in jüdischem Besitz. Nach 1933 wurden die Eigentümer zum Verkauf oder zur Aufgabe gezwungen, aus Deutschland vertrieben oder beraubt, verschleppt und ermordet.

Das „Denkzeichen Modezentrum“ wurde nach einem Entwurf von Rainer Görß im Juli 2000 eingeweiht. Die Initiative dazu ging von einer Bürgerinitiative um den Journalisten Uwe Westphal aus, nachdem dieser ein Buch über die jüdischen Konfektionsbetriebe geschrieben hatte. Passend zur Kunstinstallation findet man heute am Hausvogteiplatz 12 wieder einen Herrenausstatter, der mit edlen Anzügen im Schaufenster für Modebewusstsein wirbt.

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