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Kolumne „Mehrwert“, Folge 36: Ihr Name ist Mensch
Die Allgmeine Erklärung der Menschenrechte wird in diesem Jahr 77. Von ihrer Realisierung ist die Welt weit entfernt – man denke nur an Iran oder Afghanistan.

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77 Jahre alt wird die Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen in diesem Jahr. Die in 500 Sprachen übersetzten Deklaration wird von der Volkshochschule Tempelhof-Schöneberg in Berlin in den nächsten Tagen. „Mein Name ist Mensch - 75 Jahre Menschenrechte“ heißt die seit zwei Jahren durch die Republik tourende Wanderausstellung (10. Januar – 27. Februar), für die der Grafiker Jochen Stankowski die 30 Artikel über die Würde, Freiheit und Gleichberechtigung aller Menschen in Plakate übersetzt hat und die jetzt in der VHS gastiert.
„Mein Name ist Mensch“. Die Zeile stammt aus dem berühmten „Ton Steine Scherben“-Song, auch Rio Reisers Lied wird bereits 54 Jahre alt. Darin heißt es, nach der Beschwörung einer vielfältig-friedlichen Weltgemeinschaft: „Wir haben einen Feind, er nimmt uns den Tag/Er lebt von unserer Arbeit und er lebt von unserer Kraft/Er hat zwei Augen und er will nicht sehen/Er hat zwei Ohren und will nicht verstehen“.
Dieser Feind, der Mensch als des Menschen Missetäter, ist nicht besiegt. Georgien, die von Russland besetzten Gebiete, Iran, Afghanistan, El Salvador, die Schließung eines Menschenrechtszentrums in Argentinien zu Jahresbeginn, im November mehrjährige Haftstrafen für den chinesischen Menschenrechtsanwalt Yu Wensheng und seine Frau Xu Yan: Schon die Regionen, in denen sich die Menschenrechtslage gerade verschlechtert hat, lassen sich kaum alle hier aufzählen.
Also „nur“ ein paar Beispiele. Am 19. Dezember wurde im Iran die 29-jährige italienische Journalistin Cecilia Sala festgenommen. Trotz gültigem Journalistenvisum sitzt sie nach wie vor im Teheraner Evin-Gefängnis, Medienberichten zufolge hat sie in ihrer Zelle nicht mal ein Bett. Der Grund für die Festnahme, angeblich: Kontakt zu Iranerinnen, die sich nicht an das Kopftuchgebot halten.
Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi sagte vergangene Woche, sie plane ein Buch über sexuelle Gewalt gegen weibliche politische Gefangene in ihrem Land. Mohammadi sitzt selbst zum wiederholten Mal im Gefängnis. Kürzlich wurde sie vorübergehend aus gesundheitlichen Gründen nach Hause geschickt. Von dort berichtete sie der Zeitschrift „Elle“ über Folter und den Missbrauch weiblicher Häftlinge.
Und jetzt Afghanistan. Auf das Schulverbot für Mädchen folgten in den letzten Tagen ein Beschäftigungsverbot für Frauen in NGOs (was jede humanitäre Hilfe unter dem Taliban-Regime noch weiter einschränkt) ein Gesetz, das Frauen öffentliche Äußerungen untersagt, und ein Dekret, das den Einbau von Fenstern in Frauen-Bereichen von Wohnhäusern verbietet. Kaum vorstellbar: Im Jahr 2025 werden Frauen radikal zur Unsichtbarkeit und zum Schweigen verdammt, in einem Land, dessen Entwicklung Deutschland bis 2021 nach Kräften unterstützte.
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