zum Hauptinhalt
Wird alles geprüft. Auch Taring Padis Werke im Hallenbad Ost.

© B. Roessler/dpa

Künstlerkollektiv Taring Padi bei der Documenta: „Wir sind keine Antisemiten“

Einsicht sieht anders aus: Das indonesische Künstlerkollektiv Taring Padi äußert sich im „Spiegel“ über ihr antisemitisches Bild bei der Documenta.

Die indonesische Künstlergruppe Taring Padi, die das mittlerweile entfernte Triptychon „People’s Justice“ mit antisemitischen Bildelementen in Kassel ausgestellt hat, hat bisher nur ein knappes Statement zu ihrem Werk abgegeben.

Nun haben sich Mitglieder der Gruppe in Kassel mit Reporter:innen des „Spiegel“ unterhalten. „Wir wussten nicht, dass unser altes Bild in Deutschland Gefühle verletzen würde. Es wurde schon oft auf Ausstellungen gezeigt. Wenn wir gewusst hätten, wie die Reaktionen sind, hätten wir es nie aufgehängt“, sagten die Künstler dem Nachrichtenmagazin in einem am Freitag vorab veröffentlichten Text.

Das Kollektiv habe die Wirkung des 20 Jahre alten Banners, das Freiheitskämpfe in Indonesien am Ende der Suharto-Diktatur zeigt, falsch eingeschätzt.

„Dann hätten wir es nie aufgehängt...“

„Ich dachte, dass man als Künstler gerade in einem Land wie Deutschland, in dem Meinungsfreiheit herrscht, sich über mehr Grenzen hinwegsetzen darf“, so Sri Maryanto, ein Kollektivmitglied, das laut „Spiegel“ in München lebt und dort studiert hat. Die Ereignisse in Kassel und der Umgang damit seien für das Kollektiv „ein Schock“.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Und weiter: „Wir sind keine Antisemiten. Wir wissen nicht einmal, wer hier über uns urteilt. Wir lesen es nur in der Zeitung.“ Dass das Bild „People's Justice“ antisemitisch gelesen wird, hält die Gruppe für ein interkulturelles Interpretationsproblem.

„Wir sind überrascht. Aber wir sind offen und bereit, zuzuhören. Das gehört zum kollektiven Lernen dazu. Wenn etwas falsch läuft, versuchen wir, einander zu verstehen. Wir haben Konsequenzen gezogen. Leider hat anfangs niemand mit uns gesprochen.“

Was für ein Desaster. Taring Padis Äußerungen machen die Lage in keiner Hinsicht besser. Auch wenn – was absurd ist– wirklich niemand von den Ruangrupa-Kurator:innen vor der Installation auf das riesige Bild geschaut haben sollte, muss man von Künstlern, von denen einige seit Jahren in Deutschland leben, mehr Sensibilität erwarten. Taring Padi und Ruangrupa kennen sich lange, Mitglieder beider Gruppen haben an der Kunsthochschule in Jakarta studiert. Haben die sich bei der langen Vorbereitung der Schau nicht ausgetauscht?

„Niemand“ hat mit Taring Padi gesprochen

Die Antisemitismusbeauftragten von Bund und Ländern haben nach dem Skandal Aufklärung und Konsequenzen gefordert. Dass es überhaupt zur Aufstellung des Bildes kommen konnte, auf dem antisemitische Stereotype sehr drastisch und sichtbar dargestellt seien, verurteile man „auf Schärfste“, heißt es in einer am Freitag veröffentlichten Mitteilung der Bund- Länder-Kommission zur Bekämpfung von Antisemitismus und zum Schutz jüdischen Lebens.

Es dürfe keine finanzielle Förderung für Antisemitismus geben, erklärten die Beauftragten mit Verweis auf die öffentliche Förderung des Kunst- Events. Die Verantwortlichkeiten müssten festgestellt werden. „Ansonsten wäre die documenta als die international bedeutendste Veranstaltung der Gegenwartskunst vollständig gescheitert“.

Jetzt wird alles geprüft

„Wir haben als Gesellschafter der Leitung der documenta gGmbH den Auftrag erteilt, alle gezeigten Werke im Sinne eines verantwortungsvollen Kuratierens zu überprüfen“, sagte die Hessens Kulturministerin Angela Dorn (Grüne) der dpa am Freitag. „Diese Prüfung läuft, und wir erwarten, zeitnah über Ergebnisse informiert zu werden.“

Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle versuchte indes mit einem Brief noch etwas zu retten. Nach der Erklärung von Olaf Scholz, nicht zur Documenta zu kommen, schrieb er an den Bundeskanzler.

Er halte Scholz’ Absage für unangemessen, da so die Documenta „quasi unter Generalverdacht gestellt werde“, zitierte die „Hessische/Niedersächsische Allgemeine“ einen Rathaussprecher. (mit dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false