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Geld, Gedenken, Genderverbot: Weimer will den Kulturkampf nicht nur analysieren, sondern gestalten
Kulturstaatsminister Wolfram Weimer bekommt einen größeren Etat, untersagt in seinem Haus das Gendern und gibt erinnerungspolitische Leitlinien vor. Dahinter ist eine Strategie erkennbar.

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Es ist Sommer, und gerade in der Kultur tut sich nicht über die Maßen viel. Wer seit Tagen jedoch unermüdlich am Senden und Anweisen und Erfolge vorzeigen und Repräsentieren ist: Wolfram Weimer, der Staatsminister für Kultur und Medien im Bundeskanzleramt.
Gut Wetter machen bei den Bayreuther Festspielen; an die halbe Million Sinti und Roma mit Worten wie „Gedenken ist Verantwortung“ erinnern, die Opfer der NS-Vernichtungspolitik wurden; oder verfügen, dass seine 470 Mitarbeitenden nicht mehr gendern, also keine Sternchen oder andere Sonderzeichen für eine geschlechtssensible Sprache verwenden dürfen.
Kräftige Erhöhung des Kulturetats
Vergangene Woche hatte Weimer zudem stolz verkünden können, dass sein Etat für das kommende Jahr auf ein Rekordniveau von 2,5 Milliarden Euro steigt, mithin ein Zuwachs von mehr als zehn Prozent im Vergleich zu diesem Jahr, also 250 Millionen Euro. Was in den Ohren von Berlins Kultursenatorin Sarah Wedl-Wilson schrillste Töne bis hin zum Tinnitus auslösen müsste, da sie kaum weiß, wo sie in der Hauptstadtkultur eigentlich 110 Millionen einsparen soll.
Weimer kündigte an, insbesondere den Film verstärkt fördern zu wollen, die Summen für den Deutschen Filmförderfonds und den German Motion Picture Fund von 133 Millionen auf 250 Millionen Euro fast zu verdoppeln; auch sollen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zehn Millionen Euro mehr zukommen, zusätzliche fünf Millionen an den Gedenk- und Erinnerungsbereich, und noch einmal fünf für ein Mahnmal für die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft.
Weimer feiert diesen erhöhten Etat und seine Pläne als „bedeutenden Beitrag zur geistigen Infrastruktur unserer Demokratie“. Bei so einer Formulierung wird schon auch klar, dass er eine Agenda hat. Weimer will den Kulturkampf nicht nur analysieren, sondern aktiver Teil davon sein. Das Genderverbot in seinem Haus ist da fast eine Kleinigkeit im Vergleich mit seinen gedenk- und erinnerungspolitischen Vorhaben.
Gehörte in dem nicht mehr zu Ende gestellten und nun verworfenen Gedenkstättenkonzept von Claudia Roth auch das Unrecht durch den Kolonialismus mit dazu, so ist davon bei Weimer keine Rede mehr. Das Kolonialismusgedenken, so Weimer in einem Interview mit dem Deutschlandfunk, relativiere den Holocaust.
Ob das eine, das Aufarbeiten des Kolonialismus, das andere, die Singularität des Holocaust wirklich infrage stellt, wie er befürchtet? Wolfram Weimer scheint davon überzeugt. Im Herbst will er sein eigenes Gedenkstättenkonzept vorstellen. Aus diesem lässt sich dann genau herauslesen, ob die Formel „Gedenken heißt Verantwortung“ auch noch für koloniale Verbrechen Deutschlands gilt. Die Neuordnung der Erinnerungspolitik, sie ist im vollen Gang.
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