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Cornelius Annors Gemälde „Shadow Behind“ stammt von 2022 und hängt am Stand der Galerie Maruani Mercier.

© Foto: Art Week Luxembourg

Kunstmesse Luxemburg: Porzellan in Panik

Die Luxembourg Art Week hat sich in wenigen Jahren zur wichtigen Messe entwickelt und zeigt viel junge Kunst

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Die kleine Skulptur zittert nervös. Ob sie das Publikum fürchtet oder sich auf ihren Verkauf freut, bleibt ungeklärt. Tatsache ist jedoch, dass man sich der zierlichen, unbetitelten Arbeit von Günter Haese nicht mehr entziehen kann, hat man sie einmal auf der Messe Luxembourg Art Week entdeckt.

Das ist gar nicht so einfach. Viele Galerien trumpfen mit großen, ins Auge fallenden Bildern auf. Wer etwa den Stand von Rothamel aus Frankfurt am Main passiert und nach den unglaublich aufdringlichen Gemälden von Nguyen Xuan Huy – der lange die Akte eines erfolgreichen Berliner Malers handwerklich perfekt umsetzte – noch den Blick dafür hat, der kann sich in den kinetischen Mini-Universen des 2016 verstorbenen Haese versenken. Die Galerie F. Hessler zeigt zwei der filigranen Schönheiten, die eine misst gerade 22 Zentimeter. Und obwohl der Kunsthändler aus Luxemburg mit einem Siebdruck von Andy Warhol wie auch Bildern von Pierre Soulages oder Karel Appel gewichtige Namen dazu arrangiert, fasziniert die präzise ausgeführte Skulptur mit ihren zwei Segeln auf einem winzigen Sockel in Form eines Vogelkäfigs.

F. Hessler verkörpert mit diesen zwei Polen seines Programms geradezu perfekt, wofür die junge Luxemburger Kunstmesse steht. 2015 mit finanzieller Unterstützung der Stadt gestartet, die einen Kunstmarkt für ihre Region etablieren wollte, ist die Luxembourg Art Week zu einer ernsthaften Plattform angewachsen. Knapp 20 Galerien nahmen anfangs teil, inzwischen bewerben sich weit mehr Interessenten, als aufgenommen werden können. Obwohl die Messe aus der Victor-Hugo-Halle in ein großes, zentral installiertes Zelt umgezogen ist, das noch Platz bietet. Zuvor aber will das Commitée die Qualität der Messe weiter heben – was auch bedeutet, dass einige Erstteilnehmer nicht länger vertreten sind.

An ihre Stelle rücken potente Galerien wie F. Hessler. Sie bieten ebenso Arbeiten eigener Künstler:innen wie aus dem Secondary Market, die sie selbst erwerben, um sie anschließend weiter zu verkaufen. Alex Reding, der die Luxembourg Art Week gegründet hat, sieht Angebot und Nachfrage in diesem Segment wachsen. Gleichzeitig zieht er eine Grenze, was den reinen Handel anbelangt: Den Charakter der Messe, wo Sammler:innen zeitgenössische Kunst entdecken sollen, will er wahren. Und obwohl Haese alles andere als ein junger, aufstrebender Bildhauer ist, erfüllt F. Hessler mit seiner Präsentation doch auch diesen Anspruch: Selbst kundige Besucher bleiben staunend vor den beweglichen Miniaturen stehen und googlen den Namen, den sie bis eben nicht kannten.

Solche Momente machen glücklich. Dank ihnen wird die Messe trotz ihrer mittleren Größe, die 80 Galerien, Künstlerkollektive und Institutionen umfasst, lohnend. Dafür sorgen unter anderem die Geb. Lehmann aus Dresden. Sie waren schon 2015 dabei und leisten sich bis heute frische Positionen. Diesmal haben die Galeristen Hinterglasmalereien von Beate Hornig dabei: Jahrgang 1958 und ungesehen. Bis ihr Sohn, der erfolgreiche Künstler Tilman Hornig, auf sie aufmerksam machte. Die feinen, fantastischen Szenen kosten 1600 bis 3400 Euro und kratzen damit am unteren Preislimit.

Weniger können Einsteiger für ein Unikat kaum ausgeben – es sei denn, sie begeistern sich am Stand von Kristian Jarmuschek aus Berlin für die zerstörten und mit Fäden wieder zusammengefügten Teller von Helena Hafemann. Die kleinsten Objekte der jungen Künstlerin kosten 1500 Euro. Ein großes Querformat von Oliver Gröne, das sezzionistische Landschaftgemälde für sich interpretiert, ist für 12.000 Euro erhältlich. Bei Lage Egal, einem Berliner Projektraum im geförderten „Take Off“-Bereich, bekommt man ein Multiple von Ben Greber für 750 Euro. Von einem Künstler, der 2023 eine große Ausstellung in der benachbarten Kunsthalle Esch haben wird.

Nach oben sind den Preisen wie gewohnt keine Grenzen gesetzt. Für eine kleine Arbeit Carl Andres von 1975 am Stand von Maruani Mercier (Brüssel/Knokke/Zaventem) werden 300.000 Euro angesetzt. Eben dort hängen Porträts des ghanaischen Malers Cornelius Annor, die einen Bruchteil von Andres Bodenplättchen kosten.

Große Namen, hohe Preise. Darauf ist in jeder Hinsicht Verlass. Die Luxembourg Art Week steht aber darüber hinaus aber auch für Künstler:innen im mittleren Segment. Preise unter 10.000 Euro für abstrakte Malerei der jungen chinesischen Künstlerin Yafeng Duan (Galerie Michael Janssen) fallen auf, genau wie die sensiblen Werke am Stand der Französin Robet Dantec, die Schwarz–Weißes von Yann Bagot oder Ugo Arsac mitgebracht hat. Der Künstler hat zwei Jahre lang die Pariser Katakomben kartografiert, das Ergebnis sind atemberaubende Zeichnungen. Es lohnt also sehr, immer mal wieder in den Untergrund abzutauchen (Luxembourg Art Week, Glacis Square; bis 13.11., www.luxembourgartweek.lu)

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