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Held mit Schrumpfanzug: "Ant-Man" Scott Lang

© Zade Rosenthal/Marvel2014/Disney/dpa

Marvel-Film "Ant-Man" im Kino: Liebling, ich habe den Helden geschrumpft

Sympathischer Held auf Ameisengröße: "Ant-Man" ist der inzwischen zwölfte Film aus dem Marvel-Franchise. Wie bei den Vorgängern heißt das Motto: Viel Action, viel Dialogwitz.

Von Jörg Wunder

Im Superheldenfilm muss es ordentlich krachen. Das Genre lebt von seinen Schauwerten, also werden Hochhäuser, Staudämme und Raumschiffe zerkloppt oder ganze Städte in Schutt und Asche gelegt, wenn die kostümierten Metawesen mal wieder die Welt retten müssen. Auch die durch eine gemeinsame Rahmenerzählung miteinander verbundenen Filme des „Marvel Cinematic Universe“ kommen, obwohl hier auf Dialogwitz genauso viel Wert gelegt wird wie auf Action, nicht ohne massive Zerstörungsorgien aus. Mit Erfolg: Die bisherigen elf Marvel-Filme haben 8,5 Milliarden Dollar eingespielt und sind das erfolgreichste Franchise der Kinogeschichte.

Nun kommt Nummer zwölf ins Kino: „Ant-Man“. Auch hier wird pflichtschuldigst ein Gebäude in die Luft gesprengt. Der eigentliche Showdown findet aber in einem Kinderzimmer statt, wo sich zwei däumlingsgroße Kontrahenten mit den Waggons einer Spielzeugeisenbahn bewerfen. Das klingt erst mal nicht nach einem ernst zu nehmenden Bedrohungsszenario. Doch eine Technologie, die Erwachsene aufs Insektenformat schrumpfen und zugleich ihre menschliche Stärke erhalten kann, hat es in sich. Nicht nur Militärs, auch Terrororganisationen wären scharf auf Mini-Attentäter, die jedes Sicherungssystem überwinden und unerkannt operieren können. Die Formel zum Schrumpfungsserum hält der geniale Erfinder und originale Ant-Man Hank Pym (Michael Douglas) unter Verschluss. Doch sein früherer Kompagnon (Corey Stoll) ist nach Jahrzehnten der Forschung kurz davor, den Verkleinerungsprozess in den Griff zu bekommen – um das Patent an den Meistbietenden zu verschachern. Und der ist im Superheldenfilm stets die dunkle Seite der Macht.

Vom Taugenichts zum Superheld

Um das zu verhindern, sucht der Held im Ruhestand einen geeigneten Nachfolger und lässt den kürzlich haftentlassenen Taugenichts Scott Lang (Paul Rudd) bei einem Einbruch „zufällig“ den alten Ant-Man-Anzug finden. Scott ahnt nichts von den Möglichkeiten der an eine Vintage-Motorradkluft erinnernden Montur, bis er versehentlich den Schrumpfmechanismus auslöst. Dieser erste Trip in eine Welt, in der der Strahl eines Wasserhahns, die Plateauabsätze tanzender Discomädchen oder eine dinosaurierhaft riesige Ratte potenzielle Todesgefahren darstellen (der künftige Held ahnt nichts von seinen trotz Schrumpfkur vorhandenen Kräften), ist ein meisterhaft inszenierter Albtraum, der an Jack Arnolds Science- Fiction-Klassiker „Die unglaubliche Geschichte des Mister C.“ aus dem Jahr 1957 erinnert. Doch im Gegensatz zu Arnolds bedauernswertem Shrinking Man, der sich radioaktiv verseucht in der subatomaren Unendlichkeit verliert, kann Ant-Man den Prozess rückgängig machen und kontrollieren.

Der Umgang mit den neuen Möglichkeiten muss von dem zunächst unwilligen, durch die Kombination von Geld, Ruhm und Love Interest (Evangeline Lilly spielt die Erfindertochter Hope Pym) überredeten Heldenanwärter jedoch trainiert werden – was erst recht für die Begegnung mit den natürlichen Verbündeten von Ant-Man gilt: den Ameisen. Denn die treten in ihrer unterirdischen Umgebung in schockierend großer Anzahl auf, was schon mal zu panischer Spontanvergrößerung führen kann.

Lausbubenhafte Idealbesetzung: Paul Rudd

„Ant-Man“ ist mehr Superheldenkomödie als Superheldenaction und balanciert mehrmals an der Grenze zur Klamotte, wobei es Regisseur Peyton Reed hoch anzurechnen ist, dass er weder seine Protagonisten noch das Sujet der Lächerlichkeit preisgibt. Paul Rudds Kampf mit der Technik seines Anzugs ist ähnlich amüsant wie der von Robert Downey Jr. mit der noch nicht ausgereiften Rüstung in „Iron Man“. Zu den Schwächen des Films gehört eine gewisse Geschwätzigkeit, zudem hängt der Mittelteil dramaturgisch etwas durch und die Figur des Gegenspielers ist eher eindimensional gezeichnet.
Doch das alles ist schnell vergessen, weil „Ant-Man“ enorm viel Spaß macht. Paul Rudd ist mit seiner in etlichen Hollywood-Komödien erprobten Lausbubenhaftigkeit die Idealbesetzung für einen sympathischen und unpathetischen Helden, der sich schon deshalb nicht allzu ernst nehmen darf, weil ihn beim Einsatz kaum jemand wahrnimmt. Mit dem bestens aufgelegten Michael Douglas sowie Michael Peña als hinreißend komischem Quasselstrippen-Sidekick stehen ihm zudem ebenbürtige Nebenfiguren zur Seite. Bleibt die Frage, wie gut sich der kleinste aller Superhelden in einem Jahr der Blockbuster voller Materialschlachten („Jurassic World“, „Avengers 2“) an der Kinokasse schlagen wird.

In 19 Kinos; OV im Alhambra, Karli, Cinestar SonyCenter, Imax, Zoo Palast

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