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Literaturnobelpreis für László Krasznahorkai: Einer der ewigen Kandidaten hat jetzt endlich seinen verdienten Preis
Wider populären Annäherungen: Mit der Wahl des ungarischen Schriftstellers László Krasznahorkai ist die Schwedische Akademie wieder ganz bei sich und ihrem ästhetischen Literaturverständnis.

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Mit der Entscheidung für den ungarischen Schriftsteller László Krasznahorkai hat die Schwedische Akademie gewissermaßen einen der ihren ausgezeichnet, einen der ewigen Literaturnobelpreiskandidaten. Seine Wahl ist also keine Überraschung, anders als die von Han Kang im vergangenen Jahr.
Selbst wenn Krasznahorkai, anders wiederum als Han Kang, deren Roman „Die Vegetarierin“ ein Bestseller war, beispielsweise hierzulande nur wenigen Menschen bekannt und von noch weniger Menschen gelesen worden sein dürfte – International Man Booker Prize, den er 2015 für sein Gesamtwerk erhielt, hin oder her.
Von der Kraft der Kunst
Natürlich könnte man seine Wahl politisch interpretieren, wird Krasznahorkais Heimat doch schon lange von einem Autokraten regiert, der zum Vorbild vieler Politiker in den europäischen Nachbarländern geworden ist.
Doch mehr noch ist sie eine Entscheidung für die Literatur als eigene Kunstform, wie ein Satz aus der Begründung der Jury auf deren Website nahelegt: Verliehen werde Krasznahorkai der Preis „für sein fesselndes und visionäres Werk, das inmitten apokalyptischer Schrecken die Kraft der Kunst bekräftigt“.
Krasznahorkais Bücher sind eine Welt für sich. Für sie muss man offen sein, es ist eine mitunter sehr düstere, apokalyptische Welt.
Gerrit Bartels
Das kann man nur begrüßen, und zwar gerade in einer Zeit, in der die Literatur zunehmend eine Nebenrolle spielt, wenn überhaupt noch eine Rolle („Literatur heute: Kann das weg?“ lautet die Fragestellung eines PEN-Berlin-Panels auf der Frankfurter Buchmesse).
Die Welt der Literatur besteht aus so viel mehr als den Büchern, die auf den Bestsellerlisten landen, schnell gelesen und schnell wieder vergessen werden können. Was leider immer weniger Menschen wissen, gar wollen.
Die Werke von Krasznahorkai sind keine Bestseller und werden keine, vermutlich auch nicht durch die Literaturnobelpreisehre. Das dürften allein diejenigen wissen, die einmal einen Film des ungarischen Regisseurs Béla Tarr gesehen haben, der viele Romane seines Landsmanns verfilmt hat, angefangen mit „Satanstango“ von 1985.
Krasznahorkais Bücher (wie Tarrs Filme) sind eine Welt für sich. Für sie muss man offen sein, es ist eine mitunter sehr düstere, apokalyptische Welt. Wer aber einmal tief in sie eingetaucht ist, wird sie nicht so schnell wieder los.
Der Literaturnobelpreis mag oft unnötig aufgeladen sein und wegen dieser Aufladung zu Enttäuschungen führen. Wie unbeirrbar die Schwedische Akademie ist, wie wichtig ihr ästhetische Kategorien sind, das aber ist großartig, und so heißt es jetzt, die Welt von László Krasznahorkai zu entdecken.
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